Tasgetivm I
Das römische Eschenz
Mit Beiträgen von
Simone Benguerel, Hansjörg Brem, Barbara Fatzer, Melanie Giger,
Benjamin Hartmann, Urs Leuzinger, Sabrina Meyer, Erich Müller, Matthias Schnyder,
Werner Schoch, Roswitha Schweichel und Franziska Steiner
Archäologie im Thurgau 17
Veröffentlichung des Amts für Archäologie
des Kantons Thurgau
Tasgetivm I
Das römische Eschenz
Mit Beiträgen von
Simone Benguerel, Hansjörg Brem, Barbara Fatzer, Melanie Giger,
Benjamin Hartmann, Urs Leuzinger, Sabrina Meyer, Erich Müller, Matthias Schnyder,
Werner Schoch, Roswitha Schweichel und Franziska Steiner
2011
Departement für Erziehung und Kultur des Kantons Thurgau
Gedruckt mit Unterstützung des Kantons Thurgau und der politischen Gemeinde Eschenz
Umschlagfoto:
Amt für Archäologie Thurgau, Ausschnitt aus der Bauinschrift des römischen Bads von
Tasgetium. Das Original wird im Rosgartenmuseum Konstanz aufbewahrt.
Gestaltung Umschlag: Daniel Steiner
Redaktion:
Urs Leuzinger
Satz/Layout:
Sibylle Jacomet-Zenhäusern, jacometPLUS, Wängi
Herstellung und Druck: Sonderegger Druck AG, Weinfelden
Auslieferung:
Amt für Archäologie des Kantons Thurgau, Schlossmühlestrasse 15a, CH-8510 Frauenfeld
ISBN 978-3-905405-20-0
8.1 Einführung und Forschungsstand
8 Die römischen Schreibtafeln
(tabulae ceratae) aus
Tasgetium/Eschenz
Benjamin Hartmann
8.1 Einführung und Forschungsstand
Die römische Schriftkultur hat sichtbare Spuren hinterlassen, insbesondere inschriftliche Monumente aus Stein
haben im gesamten Mittelmeerraum und in den übrigen römischen Siedlungsgebieten als augenfällige Zeugnisse der
vergangenen römischen Lebenswelt bis in die heutige Zeit
in einer Vielzahl überdauert. Stein war indes nicht das einzige Medium der römischen Schriftlichkeit, wie die reichen
archäologischen Funde aus der Römerzeit eindrücklich vor
Augen führen: Inschriften, Ritzungen, Stempel, Graffiti
und Dipinti begegnen uns auf den verschiedensten römischen Hinterlassenschaften aus unterschiedlichsten Materialien.155 Die Unterschiede zu den Monumenten aus Stein
155
Eine Übersicht über dieses Gebiet der so genannten «Kleininschriften» für die Schweiz bei Sylvestre et al. 2010.
scheinen dabei keineswegs quantitativer, sondern allenfalls
qualitativer Art gewesen zu sein. Während die Primärfunktion vieler Gegenstände, auf denen heute Zeugnisse der römischen Schriftkultur zu finden sind, eine andere als die
eines Schriftträgers war, fand Stein als Beschreibmaterial
per se Verwendung. Stein war in dieser Hinsicht allerdings
keine singuläre Erscheinung. So gut Stein für die dauerhafte,
sichtbare Fixierung eines repräsentativen Sachverhalts geeignet war, so wenig ökonomisch und flexibel war es für
den alltäglichen Schriftgebrauch. Neben Papyrus verwendeten die Römer deshalb Holz als billigen und praktischen
Beschreibstoff.156 Dass eine Auflistung der römerzeitlichen
Beschreibstoffe wie die vorhergehende dennoch meist mit
Stein und nicht mit Holz beginnt, liegt massgeblich an der
Überlieferungslage. Holz überdauert im Gegensatz zu Stein
nur unter ganz bestimmten Konditionen – entweder in Trokken- oder Feuchterhaltung – eine längere Zeitspanne. Demgemäss sind die Exemplare von Holztafeln mit römischen
Schriftzeugnissen, die sich bis heute erhalten haben, in ihrer
Anzahl überschaubar.157 Diese oft fast singuläre Überlieferung erschwert eine zuverlässige typologische Einordnung
156
157
Dazu grundlegend Eck 1998.
Ältere Übersichten zu den erhaltenen Schreibtafeln aus Holz bei
Wenger 1953, 74–78; Wilmanns 1981, 15–16; Bowman u. Thomas
1983, 32–37; Marichal 1992; Speidel 1996, 20, Anm. 26; Meyer
2004, 126–134 u. 176–177; Frei-Stolba u. Krieger 2008, 3–4.
Geographische Verteilung der bekannten tabulae ceratae (ohne Ägypten)
1
2
3
4
5
6
7
8
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11
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15
16
17
18
19
20
21
22
Trimontium / Newstead (GB)
Luguvalium / Carlisle (GB)
High House (GB)
Vindolanda / Chesterholm (GB)
Coria / Corbridge (GB)
Bremetennacum / Ribchester (GB)
Salinae Cornoviorum / Middlewich (GB)
Lagentium / Castleford (GB)
Shiptonthorpe (GB)
Lindum / Lincoln (GB)
Stonea (GB)
Corinium / Cirencester (GB)
Chew Stoke (GB)
Wavendon Gate (GB)
Caesaromagus / Chelmsford (GB)
Londinium / London (GB)
Franeker (NL)
Valkenburgh (NL)
Ophemert (NL)
Oosterhout (NL)
Oberaden (D)
Colonia Ulpia Traiana / Xanten (D)
23 Colonia Agrippinensis / Köln (D)
24 Bagacum Nerviorum / Bavay (F)
25 Aquae Mattiacae / Wiesbaden (D)
26 Mogontiacum / Mainz (D)
27 Kastell Saalburg (D)
28 Hanau-Salisberg (D)
29 Portus Ratiatus / Rezé (F)
30 Augustobona Tricassium / Troyes (F)
31 Sulz am Neckar (D)
32 Arae Flaviae / Rottweil (D)
33 Colonia Augusta Raurica / Augst (CH)
34 Vindonissa / Windisch (CH)
35 Vitudurum / Oberwinterthur (CH)
36 Tasgetium / Eschenz (CH)
37 Mediolanum Santonum / Saintes (F)
38 Alburnus Maior / Roşia Montana (RU)
39 Ravenna (I)
40 Massalia / Marseille (F)
41 Telo Martius / Toulon (F)
42 Puteoli / Pozzuoli (I)
43 Herculaneum / Ercolano (I)
44 Pompeii / Pompeji (I)
eine tabula cerata oder unbestimmt
2 – 20
20 – 100
mehr als 100
Abb. 160: Verteilungskarte der hölzernen Schreibtafeln (tabulae ceratae) im Römischen Reich. Kartengrundlage: «Die Grenzen des Römischen Reiches
(2. Jh. n. Chr.)», Der Neue Pauly 7, Stuttgart 1999, 193–194.
123
8.1 Einführung und Forschungsstand
der geritzten oder mit Tinte beschriebenen Holzbretter und
-brettchen unterschiedlicher Formate.158 In vergleichsweise
grosser Zahl überliefert sind dagegen einerseits dünne und
flexible Holzplättchen (tiliae)159, die bisher insbesondere in
militärischem Kontext bezeugt sind und in einem spezifischen Format analog zum Papyrus Verwendung fanden.160
Andererseits waren es vor allem Wachstafeln (tabulae ceratae), die in der römischen Kaiserzeit für den alltäglichen
Schriftgebrauch als Briefe, Urkunden und Notizen aller
Art sowie auch für literarische Texte Verwendung fanden
(Abb. 160).161
158
159
160
161
Die grösste Fülle von Inschriften auf Holztafeln verschiedenster Formen und Ausmasse, darunter auch Exemplare in lateinischer Sprache, ist bekannt aus Ägypten: Funde aus verschiedenen Orten mit
unterschiedlichem Inhalt; Brashear u. Hoogendijk 1990; Pintaudi u.
Sijpesteijn 1989. Für die enorme Fülle an Mumientäfelchen, allerdings mit Inschriften in griechischer und ägyptischer Sprache, siehe
Quaegebeur 1978. Aus Syrien ist aus Dura-Europos eine Ehreninschrift in weisser Tinte auf einer rot eingefärbten, grossen tabula ansata erhalten; Johnson 1931, 148–151. In Frankreich sind in Augustonemetum (Clermont-Ferrand) in einer Quelle eines antiken Heiligtums rund 60 rechteckige, schlichte Holztafeln von rund 300 x
200 mm Grösse gefunden worden, wovon eines Spuren einer verblassten Tintenaufschrift aufweist; Dumontet u. Romeuf 1980, 10–11
u. 46, Nr. 195–197, Taf. 44. Aus der Schweiz sind aus Vindonissa
(Windisch) elf rechteckige, hölzerne tabulae ansatae von bis zu 170
x 90 mm Grösse erhalten, wovon ein Exemplar ein geritzte Inschrift
(Nr. 1184), ein anderes eine Tintenaufschrift (Nr. 1186) trägt. Beide
nennen eine Zenturie und dienten wohl ursprünglich zur Beschriftung von Korpsmaterial oder allenfalls von Gebäuden des Legionslagers; Fellmann 2009, 109–112, Nr. 1182–1192; Nr. 1184: (centuria)
Spuri; Nr. 1186: (centuria) Auli/Rufi. Aus Grossbritannien ist aus
High House (Hadrianswall Milecastle 50) ein hölzernes Fragment
einer monumentalen Ehreninschrift für Hadrian erhalten; RIB 1935.
Die Buchstaben wurden im Stile einer Steininschrift aufwendig aus
dem Holz gearbeitet. Das Fragment ist damit das bisher einzige seiner Art; siehe dazu Eck 1998, 206. In Algerien, unweit von Theveste
(Tebessa), wurden mit Tinte beschriebene Holztafeln, die so genannten Tablettes Albertini, gefunden. Sie stammen aus der Vandalen-Zeit
des 5. Jhs. n. Chr.; Courtois et al. 1952.
Die lateinische Bezeichnung des in der Forschung bisher als «leaftablet» bezeichneten dünnen Schreibtäfelchens ist nun aus einem
Brief aus Vindolanda als tilia gesichert, Tab. Vindol. 259; Bowman u.
Thomas 2003, App. 259. Tiliae in lateinischer Sprache wurden bisher
fast ausschliesslich in Grossbritannien gefunden: Für eine Übersicht
über die Fundorte mit der massgeblichen Literatur siehe Pearce 2004,
48 Tabl. 1. Herausragender Fundplatz ist Vindolanda (Chesterholm;
853): Bowman u. Thomas 1983, 1994 u. 2003; Bowman et al. 2010
(Tab. Vindol.). Daneben Bremetennacum (Ribchester; 1): unpubliziert, erwähnt bei Bowman u. Thomas 1983, 35. Luguvalium (Carlisle: ca. 120 tiliae erwähnt/77 publiziert): Tomlin 1998 (Tab. Luguv.). Lechlade: unpubliziert, erwähnt bei Bowman u. Thomas 1983,
35. Londinium (London; 4/1): Turner u. Skutsch 1960; unpubliziert,
erwähnt bei Bowman u. Thomas 1983, 35. Für die Exemplare aus
Claydon Pike, Isca Silurum (Caerleon) und Lagentium (Castleford)
siehe Pearce 2004, 48 Tabl. 1. Das einzige Exemplar ausserhalb
Grossbritanniens stammt aus Rumänien: Alburnus Maior (Roşia
Montana; Vielzahl/1): IDR I, XXIII. Für eine weitere tilia aus Israel,
allerdings nicht in lateinischer, sondern aramäischer Sprache verfasst, siehe Yadin 1961, 41–42, No. 1.
Zu Form, Format und Verwendung der tiliae Bowman u. Thomas
1983, 26–31, 37–44.
Die folgende Auflistung bietet eine Übersicht über die in der Forschung bekannten Exemplare von tabulae ceratae. Tatsächlich dürften weit mehr Wachstafeln zu Tage gekommen sein, die heute jedoch
entweder verloren sind oder einer Publikation harren. Rumänien: Alburnus Maior (Roşia Montana; 24 tabulae ceratae): CIL III2 (1873),
924–960, I–XXV; IDR I 192–256. Italien: Herculaneum (Ercolano;
124
Tabulae ceratae162 sind rechteckige Tafeln aus zumeist
Nadel-, seltener auch Laubhölzern, von einer durchschnittlichen Grösse von rund 15 x 10 cm und einer Dicke von rund
einem Zentimeter, die in spezialisierten Werkstätten hergestellt wurden.163 Mindestens eine Seite einer Tafel wurde bis
162
163
115): Arangio-Ruiz u. Pugliese Caratelli 1954, 1955 u. 1961; Della
Corte 1951; Pugliese Caratelli 1946, 1948 u. 1953. Pompeii (Pompeji; 153): CIL IV Suppl. I (1898), 281–416, I–CLIII. Puteoli (Pozzuoli; 136): Camodeca 1999 (TPSulp.). Ravenna (3 tabulae ceratae
erwähnt / 1 publiziert): FIRA III 134. Frankreich: Augustobona
Tricassium (Troyes): Neufunde in Bearbeitung durch R. Frei-Stolba.
Bagacum Nerviorum (Bavay; 9): Audin 1985, 39. Massalia (Marseille; ca. 50/2): France u. Hesnard 1995, 80, Anm. 11; France 1999a,
106–108 mit Abb. Mediolanum Santonum (Saintes; ca. 20): Vienne
1992; Saedlou 2002, I 208–216. Daneben eine bisher singuläre
schmale Etikette mit sich verjüngender Breitseite zur Befestigung und
erhöhtem Rand auf drei Seiten im Stile einer tabula cerata, Saedlou
2002, I 208 u. 216–217; Saedlou u. Dupéron 2004, 429 Fig. 5.2. Portus Ratiatus (Rezé; 8): Aubin 1980, 404 Abb. 35. Telo Martius (Toulon; 1): France 1999b. Schweiz: Colonia Augusta Raurica (Augst;
1): unpubliziert, erwähnt bei Fellmann 2009, 115, Anm. 542. Vindonissa (Windisch; 612/88): Speidel 1996 (Tab. Vindon.); Frei-Stolba u.
Krieger 2008; Fellmann 2009, 109–118. Vitudurum (Oberwinterthur;
26): Fellmann 1991, 17–40, H 10–34; Jauch u. Zollinger 2010, 11.
Deutschland: Aquae Mattiacae (Wiesbaden; 1): Nuber 1979/80,
656–658, Nr. 1. Arae Flaviae (Rottweil; 2): Wilmanns 1981. Colonia
Claudia Ara Agrippinensium (Köln; ca. 100/7): Schillinger-Häfele
1977, Nr. 187–189 (= AE 1969/70, 445–446); Galsterer 1985 (= AE
1998, 964a–c). Colonia Ulpia Traiana (Xanten; 2): Weiss 2002 (= AE
2003, 1226). Hanau-Salisberg (1): Reuter 1999. Mogontiacum
(Mainz; Vielzahl/7): Körber 1900, Nr. 203–206 u. 1905, Nr. 92 (CIL
XIII 100337–9); Stümpel 1966, 170; Schillinger-Häfele 1980; Hessinger 2010. Oberaden (Bergkamen; 1): Galsterer 1992, 215, Kat.
Nr. 180, Taf. 47 u. 72. Kastell Saalburg (Vielzahl/2): Jacobi 1897,
350 u. 450–451 mit Fig. 70. Sulz am Neckar (1): Wiegels 1982.
Niederlande: Franeker (1): FIRA III 137; Zeinstra 2010. Bowman et
al. 2009 haben mit Hilfe einer computergestützen Bildanalyse eine
komplett neue Lesung vorgeschlagen. Oosterhout (mehrere Fragmente): unpubliziert, erwähnt bei Derks u. Roymans 2002, 255.
Ophemert (1): unpubliziert, erwähnt bei Derks u. Roymans 2002,
254, Abb. 11. Valkenburgh ZH (ca. 20): Glasbergen 1972 (= AE
1975, 633–634). Grossbritannien: Eine Zusammenstellung der Literatur zu allen bisher in Grossbritannien gefundenen Wachstafeln (aus
Caesaromagus (Chelmsford), Chew Stoke (5), Coria (Corbridge; ca.
8), Corinium (Cirencester), High House (Hadrianswall Milecastle
50; 1), Lagentium (Castleford), Lindum (Lincoln), Bremetennacum
(Ribchester), Salinae Cornoviorum (Middlewich), Shiptonthorpe
(2), Stonea Trimontium (Newstead; 2) und Wavendon Gate (2)) bei
Pearce 2004, 48 Tabl. 1; ferner die Edition RIB 2443. Aus diesen
meist Einzelfunden sind die grösseren Fundgruppen hervorzuheben,
Londinium (London; ca. 200/18): RIB 2443.1–2,7–9,11,14–22;
Burnham et al. 1994, 302–304, Nr. 34; Tomlin 2003, eine Neulesung
bei Camodeca 2006; Tomlin 2009, Nr. 35. Daneben rund 200 unpublizierte Exemplare, Pearce 2004, 50. Luguvalium (Carlisle; ca. 30/7):
RIB 2443.3–6,10,12; Tomlin 1992, 147–150. Daneben rund 30 unpublizierte Exemplare, Pearce 2004, 49. Vindolanda (Chesterholm; ca.
200/9): RIB 2443.23–31. In Vindolanda wurden bis dato zudem rund
200 weitere tabulae ceratae gefunden, die bisher allerdings auf eine
Publikation warten; Bowman u. Thomas 2003, 12–13, Anm. 14 u. 15;
vgl. Speidel 1996, 16. Ägypten (ca. 50): Funde aus verschiedenen
Orten, meist in griechischer Sprache. Für eine Übersicht siehe Marichal 1950, 131–133 und neu Brashear u. Hoogendijk 1990; ferner
Pintaudi u. Sijpesteijn 1989, 14–21 u. 71–74.
Siehe grundlegend zu tabulae ceratae und allgemein Schreibutensilien Speidel 1996, 17–30; Pearce 2004; Frei-Stolba u. Krieger 2008,
4–7.
Details zu Herstellung und Verkauf von tabulae ceratae sind nicht
bekannt. Dass indes Private mit Wachstafeln handelten, ist neben
zahlreichen Reliefdarstellungen aus einer Grabinschrift eines
8.2
auf einen umlaufenden Rahmen ausgearbeitet. In der Folge
wurde die daraus resultierende Vertiefung mit schwarzem
oder rotem Wachs – daher die Bezeichnung – ausgegossen.164 Die so entstandene Schriftfläche konnte schliesslich
mit einem ehernen oder auch beinernen Griffel, stilus oder
graphium genannt, durch Ritzung der glatten Oberfläche
beschrieben werden. Um die fragilen Schreibflächen aus
Wachs vor äusseren Einflüssen und somit Beschädigung
zu schützen, wurden zwei, drei oder mehrere Wachstafeln
in der Form eines duplex (diptychon), triplex (triptychon)
oder multiplex (polyptychon) zu einem codex zusammengefügt.165 Die Tafeln wurden dabei durch auf einer Längsseite
angebrachte Löcher mit Schnüren miteinander verbunden.
Zusätzlich verschloss man das gesamte Dokument mit einer
weiteren Verschnürung und je nach Funktionsabsicht mit
einem eigenen (Brief, Chirograph) oder mehreren Zeugensiegeln (Zeugenurkunde166), wofür im ersten Fall Aussparungen an den Tafelkanten167, in letzterem spezielle Siegeltafeln mit einem vertieften Siegelstreifen Verwendung fanden.
Auf die nicht vertieften Tafelseiten, sprich die Aussenseiten
der Dokumente, ritzte man den Text – zumeist Adressbeschriftungen oder im Falle von Urkunden auch Zeugennamen und den Rechtstext – im Bedarfsfall direkt mit dem
stilus oder schrieb ihn mit einer Feder (calamus) und Tinte.168 Bei Rechtsdokumenten finden sich zur übersichtlichen
Archivierung der Urkunden oft auch auf den Kanten der
Tafeln den Inhalt zusammenfassende Tintenaufschriften.169
Wachstafeln waren, anders als etwa die dünnen tiliae, auf
eine mehrmalige Benutzung ausgelegt. Der Wachsauftrag
ermöglichte es, die Schreibtafel wieder- und weiterzuverwenden, indem entweder die gewünschte Stelle mit dem
flachen Ende des Schreibgriffels neu geglättet oder aber die
gesamte Schriftfläche ausgeschmolzen und neu mit Wachs
aufgefüllt wurde.170 Eine Tafel war auch ohne Wachsauftrag
nicht nutzlos. In die nun leere Vertiefung der Wachstafel
konnte entweder direkt geritzt oder mit Tinte geschrieben
werden.171
Nur in den seltensten Fällen und bei vorteilhaften Bedingungen hat sich der Wachsauftrag der Schreibtafeln bis
in die heutige Zeit erhalten.172 Die Regel sind vielmehr blosse
164
165
166
167
168
169
170
171
172
pugillariarius aus Rom (CIL VI 9841) und aus einer Bemerkung
Frontins (Front. aq. 2,100) bekannt. Die Holzarten der in Grossbritannien gefundenen Wachstafeln legen zudem nahe, dass die tabulae
ceratae nicht vor Ort produziert, sondern eingeführt wurden; RIB II,
fasc. 4, 11; vgl. die lokal hergestellten tiliae aus Vindolanda, Bowman u. Thomas 1983, 29.
Zum Wachsauftrag der Schreibtafeln siehe Gaitzsch 1984.
Vgl. die vermutete Benutzung nur einer einzelnen Wachstafel bei
France u. Hesnard 1995, 82–83.
Zum speziellen Typus der Zeugen- bzw. Doppelurkunde (testatio)
siehe Wilmanns 1981, 16–20, Abb. 4 u. 5.
Speidel 1996, 28–30.
Ob die Ritzung von einem stilus oder aber von einer Eisenfeder und
Tinte stammt, kann in den allermeisten Fällen nicht entschieden werden, da sich die Tinte nur in den seltensten Fällen erhalten hat; FreiStolba u. Krieger 2008, 5, Anm. 32.
Frei-Stolba u. Krieger 2008, 6.
Gaitzsch 1984, 191 u. 193.
Nr. 18. Ferner ein neues Exemplar aus Vitudurum (Oberwinterthur),
Jauch u. Zollinger 2010, 11.
Teilweise jedoch in ausserordentlicher Qualität, wie z.B. bei Exemplaren aus Puteoli; TPSulp 45, 69, 78.
Bestand
Holztafeln, die allenfalls kleine Reste des Wachsauftrages
oder Verfärbungen durch denselben auf der Schriftfläche
aufweisen. Nichtsdestotrotz ist der in römischer Zeit auf die
Wachsfläche aufgebrachte Text für den modernen Betrachter
nicht in allen Fällen verloren. Während des Schreibvorgangs
führte starker Druck auf den spitzen stilus dazu, dass sich
dieser nicht nur in das Wachs, sondern auch in das darunterliegende Holz eingrub. Diese feinen Ritzspuren sind heute
teilweise noch erhalten und mit Hilfe von Streiflicht unter
dem Stereomikroskop zu erkennen. Die charakteristischen
Buchstabenformen der römischen Kursivschrift erlauben oft
eine Rekonstruktion der Originalbeschriftung aus den fragmentarischen Resten. Der meist prekäre Erhaltungszustand
der Tafeln sowie in vielen Fällen mehrere sich überlagernde
Texte aus unterschiedlichen Benutzungsphasen erschweren ein zuverlässiges Lesen der Tafeln allerdings erheblich.
Vergleichsweise gut lesbar sind in den meisten Fällen die
direkten Ritzungen auf den nicht vertieften Aussenseiten.
Tintenaufschriften sind aufgrund der starken Ausbleichung,
wenn überhaupt, meist nur noch unter Infrarotlicht sichtbar
zu machen.
8.2
Bestand
Während der Jahre von 1994 bis 2009 wurden bei
archäologischen Ausgrabungen auf dem Gebiet des vicus
Tasgetium173, im heutigen Unter-Eschenz, insgesamt fünf
vollständige und 92 Fragmente von Wachstafeln zu Tage gefördert (Abb. 161).174 Die Holzfragmente konnten abschliessend insgesamt 58 unterschiedlichen tabulae ceratae (davon
eine incerta) zugeordnet werden. Neben den fünf ganz erhaltenen Tafeln175 konnten aus den Fragmenten drei weitere
tabulae176 vollständig rekonstruiert werden. Weiterführend
war es jedoch nicht möglich, mehrere Tafeln oder Fragmente
einem einzelnen Dokument zuzuordnen, sprich einen mehrseitigen codex zu rekonstruieren. Es ist deshalb, auch mit
Blick auf die Paläographie der Schreibtafeln, von 58 unterschiedlichen Dokumenten auszugehen. Die archäologischen
Befunde datieren die Schreibtafeln in die Spanne zwischen
dem frühen 1. und dem Ende des 2. Jhs. n. Chr. Ein Blick
auf die Fundorte der Holztafeln zeigt, dass die tabulae häufig als Abfall – meist zusammen mit einer nicht geringen
Menge an anderem Abfallholz – in den Boden gelangten.177
Dazu sind auch die Wachstafeln aus Verfüllungen hölzerner
Drainagekanäle178 sowie eines hölzernen Brunnenbeckens179
zu zählen.180 Diese Dominanz von Abfallholz scheint allerdings zu einem Grossteil überlieferungsbedingt zu sein und
wird kaum der ursprünglichen Verteilung von Wachstafeln
entsprechen. Sämtliche Fundplätze zeichnen sich nämlich
173
174
175
176
177
178
179
180
Zwei in Unter-Eschenz gefundene Inschriften nennen vik(ani); CIL
XIII 5254 und 5257. Zur Namensfrage siehe Lieb 1993, 158–159,
Nr. 1.
Zu den genauen Fundplätzen siehe Kapitel 8.4.
Nr. 14, 20, 22, 38, 39.
Nr. 13, 28, 36.
Nr. 1–5, 9, 11–16, 23, 25–29, 33–37, 39– 40, 42, 45, 53, 55, 57, *58.
Nr. 6–8, 24, 48, 49.
Nr. 17–20, 46.
Zu den römischen Drainagebauten in Tasgetium, Jauch 1997.
125
8.2
Bestand
Abb. 161: Verteilungskarte der römischen Schreibtafeln in Eschenz.
Reproduziert mit Bewilligung des
Amts für Geoinformation des Kantons Thurgau vom 20.4.2011.
durch einen hohen Anteil an Feuchtigkeit aus, der die Erhaltung von Holz und damit der Schreibtafeln überhaupt erst
möglich machte. Schreibtafeln, die noch in Gebrauch waren
oder als privates Archiv aufbewahrt wurden, hatten eine
deutlich geringere Chance in feuchten Schichten zu enden
und damit erhalten zu bleiben. Dennoch scheint ein derartiges Archiv durch Zufall auf uns gekommen zu sein. Ein
Brand – der auch die Schreibtafeln in Mitleidenschaft gezogen hat – führte zum Versturz eines Gebäudes, welcher die
Tafeln unter sich begraben und auf diese Weise überliefert
hat.181
Trotz der grundsätzlich guten Erhaltungsbedingungen
ist der Wachsauftrag der einzelnen Tafeln, wenn überhaupt,
nur noch in kleinsten Resten, öfter nur in Verfärbungen
nachvollziehbar. Dasselbe gilt für Tintenaufschriften. Die
Schreibtafeln weisen weiter einen unterschiedlichen Beschädigungsgrad auf, was in vielen Fällen darin resultiert,
dass die Beschriftung – sofern sie denn tief genug eingeritzt
wurde – zwar erkennbar, eine Lesung derselben aufgrund
der starken Fragmentierung allerdings nicht mehr möglich
ist. Von den 58 Schreibtafeln weisen 35 sichtbare Schriftspuren auf, wovon 13 eine Identifizierung von Buchstaben,
bzw. eine Lesung zulassen. Hergestellt wurden die Eschenzer Wachstafeln bis auf wenige Ausnahmen aus Nadelholz.
Von den 53 bestimmbaren Tafeln sind 30 aus dem Holz der
Weisstanne (Abies alba) und 19 aus demjenigen der Fichte
(Picea abies) hergestellt. Für lediglich zwei wurde Ahorn
(Acer sp.), für eine einzige Schreibtafel Buche (Fagus sylvatica) verwendet.182 In typologischer Hinsicht183 besteht
das Gros des Eschenzer Bestands an römischen Schreibtafeln mit 44 Exemplaren aus Aussentafeln (Typus A1; eine
Wachs- und eine Holzseite). Von einfachen Innentafeln (I1;
zwei Wachsseiten) sind fünf Stück erhalten. Siegeltafeln
(zwei Wachsseiten und einseitiger Siegelstreifen) sind neun
bekannt (S1: 8; S2: 1). Aufgrund des doch vergleichsweise
kleinen Bestands und der unklaren Überlieferungslage wird
man aus diesen Daten jedoch kaum genauere Rückschlüsse
zum ursprünglichen Verhältnis zwischen duplices und triplices bzw. multiplices ziehen können.184 Die Beschriftung
der Eschenzer Schreibtafeln – sei es durch die Wachsfläche,
sei es mit Griffel oder Tinte direkt auf das Holz – erfolgte
immer parallel zu den Jahrringen der Holztafel.185 Die verwendete Schrift ist in allen Fällen als römische MajuskelKursive zu identifizieren, die je nach Schreiber signifikante
Unterschiede in Duktus und Buchstabenform aufweisen und
vor allem bei den Adressbeschriftungen auf der Aussenseite
der Tafeln Züge einer Capitalis annehmen kann.186 Sämtliche Dokumente scheinen, nach den wenigen Schriftresten
zu urteilen, von unterschiedlichen Schreibern abgefasst
worden zu sein.
184
185
181
182
183
Nr. 21–22, 43–44, 56.
Während Weisstanne, Fichte und auch Ahorn als Material für
Schreibtafeln bekannt sind, ist die Verwendung von Buchenholz ungewöhnlich; siehe Nr. 14. Für eine incerta aus Erlenholz (Alnus sp.)
siehe Nr. *58.
Die Typologie folgt derjenigen von Speidel 1996, 24–28.
126
186
Es scheint dennoch erwähnenswert, dass das Verhältnis zwischen
Aussen- und Innen-, bzw. Siegeltafeln mit 4:1 praktisch identisch mit
dem Befund aus Vindonissa ist; Speidel 1996, 23. Ein hypothetisches
Verhältnis zwischen duplices und triplices würde sich im Gegensatz
zu demjenigen von Vindonissa jedoch stärker auf die Seite der Dokumente mit drei oder gar mehr Tafeln neigen. Verantwortlich dafür
sind vor allem die in Eschenz vergleichsweise häufig belegten Innentafeln; siehe Speidel 1996, 25.
Sämtliche Holztafeln stammen aus einem Radialschnitt, was eine regelmässige Anordnung der Jahrringe zur Folge hat und diese Gesetzmässigkeit der Beschreibung erst möglich macht.
Siehe zur römischen Kursive im Allgemeinen Bowman u. Thomas
1983, 51–68; Bischoff 2004, 85–89. Als Paradebeispiel für den gänzlich verschiedenen Duktus unterschiedlicher Schreiber sei Nr. 3 angeführt. Siehe weiter auch Nr. 8, 10 und 13.
8.3
8.3
Inhalt und Ergebnisse
Der Bestand der Eschenzer Wachstafeln setzt sich –
soweit die einzelnen Fragmente überhaupt kategorisierbar
sind – zumeist aus Korrespondenzen und Rechtsdokumenten zusammen. Aufgrund der Tatsache, dass sich vor allem
die Ritzinschriften auf den Aussenseiten der Wachstafeln,
sprich die Adressbeschriftungen, vergleichsweise gut erhalten haben, sind die tabulae ceratae des vicus Tasgetium in
erster Linie von prosopographischem und onomastischem
Wert. In der Tat kann durch die vorliegende Auswertung
die Liste der namentlich bekannten Personen, die in direkter oder indirekter Verbindung mit dem vicus Tasgetium
standen, beträchtlich erweitert werden. Die Schreibtafeln
nennen die Namen von mindestens sieben römischen Bürgern187, darunter denjenigen eines centurio des römischen
Militärs188, daneben denjenigen eines peregrinen Kelten189.
Der damit bezeugte, rege Briefverkehr von und nach dem vicus Tasgetium wird durch eine Nennung der Kolonie Augusta Raurica in einer Adressbeschriftung (Nr. 1) zusätzlich
unterstrichen. Stellen solche Ortsnennung auf tabulae ceratae und tiliae auch keine Seltenheit dar, so ist das vorliegende
Dokument für die römische Schweiz dennoch eine Neuheit.
Erstmals ist damit ein schriftliches Zeugnis für eine direkte
Verbindung zweier voneinander unabhängiger Siedlungen
der römerzeitlichen Schweiz identifiziert. In formaler Hinsicht bietet der Bestand der Eschenzer Schreibtafeln zwei
Besonderheiten. Erstens findet sich eine einhenklige tabula
ansata aus Buchenholz (Nr. 14), die zwar Merkmale einer
tabula cerata trägt, gleichzeitig aber Kleininschriften aus
dem Sakralbereich ähnelt. Aufgrund auffälliger Parallelen
liegt der Schluss nahe, dass es sich hierbei um die Holzversion einer Votiv- oder Fluchtafel handelt, welche ansonsten
fast ausnahmslos auf Metall überliefert sind. Zweitens umfasst das Corpus eine Miniaturausführung einer Wachstafel
(Nr. 39), die aus einer Maserknolle aus Ahornholz gesägt
und geschliffen wurde und bisher ohne direkte Parallele ist.
Man wird aufgrund der Grösse des Objekts kaum von einem
praktischen Nutzen ausgehen können. Vielmehr scheint die
kleine Tafel eine ästhetische und repräsentative Funktion als
eine Art Schmuckstück und Statussymbol gehabt zu haben.
Als Ganzes gesehen präsentiert sich der Eschenzer Bestand an tabulae ceratae vor allem in quantitativer Hinsicht
als eher überraschend. So sind die gefundenen Wachstafeln
nicht explizit denselben Milieus zuzuordnen, aus denen
bisher die umfangreichsten Corpora an Schriftstücken auf
Holz, namentlich dem Windischer Legionslager, den Militärstützpunkten am Hadrianswall und den Archiven der
Vesuvstädte, hervorgegangen sind. Die Wachstafeln weisen, soweit erkennbar, inhaltlich und kontextuell bis auf ein
einziges Zeugnis (Nr. 7) weder einen militärischen noch einen institutionalisiert finanztechnischen, juristischen oder
187
188
189
Nr. 8: Curfid(ius) Han[---], Nr. 10: M(arcus) Corn[elius] Verus,
Nr. 12: M(arcus) Dam[inius? ---], T(itus) Cr[---], Nr. 13: M(arcus)
Bisius Rufus, M(arcus) Orgius (?) Naubilian[us] (!). Ob die in Tafel
Nr. 3 genannten Maturus und Urbi[cus] römische Bürger oder Peregrine waren, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden.
Nr. 7: Auf[id(ius)].
Nr. 3: Vericos.
Inhalt und Ergebnisse
administrativen Bezug auf. Umso erstaunlicher ist dieser
Befund, berücksichtigt man die fragmentarische Überlieferungssituation. Ländlich-provinzialer oder gar peregriner
Kontext ist bisher allerdings kaum explizit als ein der lateinischen Schriftlichkeit förderliches Umfeld zutage getreten.
War dies trotzdem der Fall, ist eine Vermittler- und Vorbildrolle römischer Siedler und Händler bzw. des römischen Militärs vorauszusetzen190, wie dies etwa für die niederrheinischen Bataver gezeigt werden konnte191. Auch für den vicus
Tasgetium wird trotz des grossmehrheitlichen Schweigens
der gefundenen Schriftzeugnisse von einer solchen Vorbildrolle auszugehen sein. Das einzige Schreibtafelfragment mit
militärischem Bezug (Nr. 7) scheint diesbezüglich exemplarischen Wert zu besitzen. Wie Funde von Militaria auf der
Insel Werd nahelegen, ist spätestens seit frühtiberischer Zeit
mit einer militärischen Besetzung des strategisch wichtigen
Rheinübergangs zu rechnen.192 In diesem Sinne der Vermittlerfunktion dürften auch das erstmalige Auftreten und die
Zunahme von Schreibtafeln ab der 1. Hälfte des 1. Jhs. n. Chr.
zu deuten sein. Die römische Rheinbrücke muss neben ihrer
militärischen Bedeutung zudem für den Handel von einiger Wichtigkeit gewesen sein. Beide Faktoren – Militär und
Handel – erklären nicht nur den Status der Siedlung als vicus193, sondern auch den Fund von tabulae ceratae. So wird
man die Eschenzer Wachstafeln vor allem handeltreibenden
und mit dem Militär in Verbindung stehenden Privatleuten
zuweisen wollen. Die Schreibtafeln bezeugen dazu passende überregionale Verbindungen in den norditalischen Süden
(Nr. 13) sowie in den keltisch-gallischen Westen (Nr. 1 und
3). Es ist im Übrigen nicht auszuschliessen, dass wir in den
Texten der Wachstafeln römischen Militärs begegnen, die
ihre Zugehörigkeit nicht explizit erwähnen. Wie stark in
Eschenz die Schriftlichkeit vom Militär abhängig war, ist
indes nicht mit letzter Sicherheit zu eruieren. Die Funde von
190
191
192
193
Zu den die Schriftlichkeit fördernden Faktoren siehe grundlegend
Harris 1989, 191–233 u. 267–273. Ferner Mócsy 1970, 199–212;
Jongman 1988, 68–70; Speidel 1995, insbes. 200–202; Speidel 1996,
57–64; Woolf 1998, 82–88. Siehe dazu auch die Kontexte der bisher
bekannten Funde von Holz als Schriftträger.
Derks u. Roymans 2002, 256–258.
Brem et al. 1987, 47–53. Die Frage nach Aufbau und allfälliger Gründung der Siedlung ist bis dato nicht abschliessend geklärt. Tasgetium
scheint, wie das Fehlen einer Vorgängersiedlung, die systematische
Anlage der Strasse und eine korrespondierende, heute in der planmässigen Anlage von Drainagekanälen, Terrassierungen und Wegen
in Ansätzen fassbare Parzellierung nahelegen, systematisch geplant
und aufgebaut worden zu sein. Geben archäologische und historische
Quellen auch nur spärlich Einblick in die früheste Zeit der Siedlung,
zeugen doch vor allem die überall fassbaren Massnahmen der Entwässerung und Entsumpfung zur Nutzbarmachung des eigentlich
schlechten Baulands von einem strategischen Interesse zur Errichtung einer Siedlung gegenüber der Insel Werd. Als Agent der Siedlungsanlage kommt primär das römische Militär in Frage, auch wenn
es bis auf wenige Ausnahmen in Tasgetium nur spärlich zu fassen ist.
Der aus späterer Zeit bezeugte Status eines vicus sowie die Anlage
von römischen Thermen und deren Renovation sprechen für primär
römischen Einfluss in Aufbau und Organisation der Siedlung. Ungeklärt bleiben muss indes weiterhin die Frage nach den genauen Umständen der Siedlungsgründung, auch wenn die frühesten Aktivitäten
zur Fundamentierung des Strassentrassees dendrochronologisch auf
das Jahr 6/7 n. Chr. datiert werden können.
CIL XIII 5254 u. 5257.
127
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
der Insel Werd belegen lediglich eine kurze Anwesenheit
des Militärs.194
Mit Blick auf das beschriebene Umfeld überrascht es
nicht, dass die Schreibtafeln mit der Nennung von tria nomina hauptsächlich römische Bürger und somit mit Sprache
und Medium Vertraute als Hauptakteure der Schriftlichkeit
nennen. Dennoch fehlt das in dieser Gegend des Römischen
Reichs zu erwartende einheimisch-keltische Element nicht.
Neben dem Auftauchen eines keltischen Einzelnamens auf
einem sekundär verwendeten Tafelfragment (Nr. 3) sind in
tria nomina mindestens zwei romanisierte Kelten als Adressaten fassbar (Nr. 12 und 13).
Der Grad des Schriftgebrauchs, welchen die Schreibtafeln dokumentieren, ist insgesamt bemerkenswert. Die
Schriftspuren auf den Tafeln stammen, soweit trotz der
Fragmentierung zu beurteilen, alle von unterschiedlichen
Schreibern. Die Tatsache, dass fast sämtliche Teile des Bestands unterschiedliche Dokumente repräsentieren und ein
beachtlicher Teil von Schreibtafeln Spuren einer oft mehrmaligen Wiederverwendung zeigen, unterstreicht für den
vicus Tasgetium das Bild einer lebendigen lateinischen
Schriftkultur unter Benutzung eines genuin römischen
Schriftmediums.195
8.4.1
01
Katalog der Tafeln mit Schrift, lesbar
Inv.-Nr.: 1997.015.1027.1 / H281 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (46) x 132 x 4 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 31. – Zeit: archäologisch
ca. 34–60 n. Chr.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in
einer ufernahen Verfüllschicht, zusammen mit Nr. 2, 3, 4,
14, 15, 16, 37, 39, 40. Oben und unten in einer geraden Linie
entlang der Jahrringe, oben mittig trapezförmig gebrochen.
Linke untere Ecke ausgebrochen. Oberfläche der Aussenseite (I.1) mehrheitlich unbeschädigt mit stark verblasster
Tintenaufschrift von 15 bis 20 mm Buchstabengrösse, feine Ritzspuren des calamus. Innen (I.2) beidseitig erhöhter
Rand, fast vollständig abgetragen. Schriftfläche innen unbeschädigt, ohne Schriftspuren (Abb. 162).
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
Die nachfolgende Präsentation der tabulae ceratae aus
dem Bestand des vicus Tasgetium erfolgt nach Beschriftung
und deren Lesbarkeit. Auf Tafeln, bei denen eine Lesung
möglich ist, folgen Tafeln mit unleserlichen Schriftspuren
und schliesslich solche ohne Schriftspuren. Jede Wachstafel
wird in einem ersten Schritt in einem Präskript steckbriefartig beschrieben. Die Inventarnummer und Holznummer bezieht sich in allen Fällen auf das Inventar des Amts für Archäologie Thurgau (AATG), Frauenfeld. Die Typologie folgt
derjenigen Speidels.196 Sämtliche Aussentafeln (A1) werden,
sofern nicht anderweitig bestimmbar, als erste Tafeln eines
codex beschrieben. Die Tafelflächen sind mit Bezug zum
Gesamtdokument (duplex, triplex bzw. multiplex) nach Tafeln (römische Zahlen) sowie Seiten (arabische Zahlen) gekennzeichnet.197 Die Masse sind stets in Millimetern angegeben (Höhe x Breite x Tiefe), bei unvollständigen Tafelteilen sind sie in Klammern gesetzt. Es folgen, eine Beschriftung vorausgesetzt, ein Transkript und dessen Auflösung.
Die Benutzung diakritischer Zeichen folgt den allgemeinen
Regeln des Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL). Für eine
nicht genau zu bestimmende Anzahl an Buchstabenresten
wird darüber hinaus +?+ verwendet. Als Zitierform sei Tabulae Tasgetienses (Tab. Tasg.) vorgeschlagen.
194
195
196
197
Brem et al. 1987, 51.
Neben zahlreichen Graffiti auf Keramik dürften der bereits zu Beginn
des 19. Jhs. gefundene Ziegel mit darin eingeschriebenen Vergilversen und die – wenn auch wenigen – Inschriften aus Stein eben dieser
Kultur zuzurechnen sein; siehe Lieb 1993, 158–164.
Speidel 1996, 24–28.
Erste Aussentafel: I.1 und I.2; Innentafel bzw. Siegeltafel: II.3 und
II.4; usw. Siehe dazu die Systematik bei Camodeca 1999.
128
Abb. 162: Tafel Nr.1 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
I.1
Transkription
Lesung
------ ?
C̣+++(vac.)ḄAṚ
BRAV(vac.)RICA(vac.)
------ ?
C̣[...] Ḅaṛb(---) Raurica
In paläographischer Hinsicht ist auf die kapitale Form
des Buchstaben B in der zweiten Zeile hinzuweisen. Ungeachtet des Sinnzusammenhangs ist die Inschrift durch eine
etwa zwei Buchstaben breite, vertikale Freilassung in der
Mitte der Tafel in zwei Teile geteilt. Die Berücksichtigung einer (nicht erhaltenen) Verschlussschnur dürfte für diese freie
Stelle verantwortlich sein.198 Spuren ganz am unteren Rand
des Fragments können nicht zuverlässig als Buchstabenreste
identifiziert werden. Sie sind als sekundäre Beschädigungen
zu deuten. Die dadurch naheliegende Vermutung, dass mit
der zweiten Zeile auch das Ende der Inschrift überliefert ist,
wird durch das Fehlen einer dritten Schriftzeile bestätigt,
zumal eine solche unter Einhaltung des Zeilenabstands, wie
er zwischen der ersten und der zweiten Zeile überliefert ist,
ohne Probleme zumindest partiell auf dem erhaltenen Tafelfragment Platz gefunden hätte. Des weiteren ist in dieser
Hinsicht auch die absichtliche Freilassung der Schriftfläche
nach dem zweiten A, sprich nach dem Wortende, in der zweiten Zeile zu beachten.
Ohne Zweifel ist die Inschrift als eine Adressbeschriftung zu deuten, wie sie für die römische Antike mittlerweile
mehrfach auf der Aussenseite von Schreibtafeln und -täfelchen dokumentiert ist. Eine Rekonstruktion der Ausmasse
der ursprünglichen Inschrift über das Adressformular ist
allerdings nicht abschliessend zu bewerkstelligen, da römische Adressanschriften nicht strikte normiert waren, sondern aus mehreren möglichen Elementen zusammengesetzt
sein konnten.199 Überlegungen zu allfälligen verlorenen
Teilen der Inschrift oberhalb des Bruches bleiben aus diesem Grund spekulativ. Einzig die Angabe des Namens des
Empfängers kann aus praktischen Gründen für das Formular vorausgesetzt werden. Eine Rekonstruktion der ordinatio auf dem Schriftträger ist allerdings nicht möglich. Wie
Beispiele aus Vindonissa zeigen, waren in der Zusammensetzung des Empfängerformulars sämtliche Kombinationen
aus den drei Bestandteilen von tria nomina möglich.200 Teile des Empfängernamens und/oder die Angabe dabis, die
in Adressbeschriftungen regelmässig belegt ist201, könnten
somit auf einer zusätzlichen Zeile oberhalb der erhaltenen
Schriftspuren Platz gefunden haben. Unter Annahme eines minimalen Adress- und Namenformulars könnte weiter
auch eine Interpretation des ersten Buchstabens als abgekürztes Praenomen (Caio) zu einer lediglich zweizeiligen
Rekonstruktion der Adressbeschriftung führen.
Im Gegensatz zu der durch die starke Beschädigung
des Tafelfragmentes erschwerten Entzifferung der ersten
Zeile, kann die für die zweite Zeile vorgeschlagene Lesung als gesichert gelten, sind die Buchstaben doch bereits
ohne technische Hilfsmittel ohne grössere Probleme lesbar.
Trotz ihrer Eindeutigkeit lässt die Lesung der zweiten Zeile
mehrere Interpretationsansätze zu. Eine Identifikation als
Empfängername kann ausgeschlossen werden, da der Empfängername in derartigen Anschriften stets im Dativ angegeben wurde.202 Übrig bleiben – sowohl mit Bezug auf die
Kasusendung als auch aufgrund der Position im Adressformular – die Interpretation als Name des Absenders oder als
Ortsangabe.
Für eine Identifikation als Name des Senders – in diesem Falle einer Senderin – finden sich Vergleichsbeispiele
sowohl aus Vindonissa203 wie auch aus Vindolanda204 . Der
Name kann dabei einerseits im Nominativ oder mit vorangehendem a/ab im Ablativ stehen.205 Im vorliegenden Falle
kann die letztere Möglichkeit ausgeschlossen werden.206 Ein
Sendername im Nominativ, in diesem Falle derjenige einer
Senderin, Raurica, ist bisher allerdings als Personenname
nicht direkt bezeugt.207 Aus einer Grabinschrift aus dem
englischen Cirencester ist ein cives (!) Raur(icus) belegt.208
Zu identifizieren ist dieser als Angehöriger des Stammesverbands der civitas Rauracorum, die am Basler Rheinknie
und im Elsass ansässig war.209 Ein ebensolches Ethnikon
ist zudem aus Militärdiplomen aus dem römischen Kastell
Castrum Celeusum (Pförring, D)210 und wohl auch – wenn
auch abgekürzt und mit einem vermeintlichen Schreibfehler
nur in einer unsicheren Lesung – aus Acquincum (Budapest,
H)211 bekannt. Die Bezeichnung Raurica könnte demnach
in Analogie als ethnischer Beiname für eine dieser civitas
angehörigen Senderin in Frage kommen. Vergleichsbeispiele für ein derartiges Namensformular in Adressbeschriftungen sind allerdings bisher nicht bekannt. Weit bekannter ist
der Name als Ortsbezeichnung für die römische Kolonie auf
202
203
204
205
206
207
208
198
199
200
201
Siehe dazu Vergleichsbeispiele aus Vindonissa, Tab. Vindon. 13, 16,
18 usw.
Zu den Bestandteilen einer Adresse siehe Speidel 1996, 36–39; Bowman u. Thomas 1994, 43.
Speidel 1996, 37.
Siehe dazu Beispiele aus Vindonissa, Speidel 1996, 36–37; aus Vindolanda, Bowman u. Thomas 1994, 44; aus Luguvalium (Carlisle),
RIB 2443.3.
209
210
211
Speidel 1996, 37; Bowman u. Thomas 1994, 43.
Speidel 1996, 38 mit Liste.
Bowman u. Thomas 1994, 43.
Während auf den Schreibtäfelchen aus Vindolanda allen Nennungen
des Absenders a/ab vorangestellt wurden, ist diese Praxis für Vindonissa nur in knapp der Hälfte aller Fälle zu beobachten; Speidel 1996,
38; Bowman u. Thomas 1994, 43.
Ein Personenname im Ablativ würde eine Präposition voraussetzen,
wobei die unzweifelhafte Lesung der zweiten Zeile allerdings lediglich die grammatikalisch inkorrekte Form ab stützen würde. Auch
wenn eine solche «falsche» Form natürlich nicht a priori auszuschliessen ist, wäre einer korrekten Rekonstruktion grundsätzlich der
Vorzug zu geben.
Aus Munzach bei Liestal ist aus einem Grabstein eine Araurica bekannt, CIL XIII 5312. Aus Narbonne (F) ist eine Rauricia bekannt,
CIL XII 5088.
RIB 180: Dannicus eq(u)es alae / Indian(ae) tur(ma) Albani /
stip(endiorum) XVI cives (!) Raur(icus) / cur(averunt) Fulvius Natalis it (!) / Fl[av]ius Bitucus ex testame(nto) / h(ic) s(itus) e(st).
Zur Frage nach der umstrittenen und schwierigen Lokalisierung des
Siedlungsgebiets der Rauriker siehe Asskamp 1989, 114, Anm. 587
und Fellmann 1995, 291.
Hier in der Form Raurac(us); RMD 261.
CIL III 33 = XVI 50: … Ambireno Iuvenci f(ilio) Rauri⌐c¬(o) …; der
Schreiber hat anstatt des C ein P geschrieben.
129
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
dem Gebiet des Stammes der Rauriker, Augusta Raurica.212
Vergleichsbeispiele für eine solche Ortsnennung im Ablativ,
ganz zum Schluss der Adressanschrift, finden sich für die
Orte Vasio (Vaison-la-Romaine, F)213 und Augusta Treverorum (Trier, D)214 im Corpus der Schreibtafeln von Vindonissa. Dasselbe Schema ist auch von einer Adressbeschriftung
auf der Aussenseite einer Wachstafel aus dem englischen
Carlisle bekannt.215 Dass die Kolonie in einem Zeugnis aus
der Mitte des 1. Jhs. n. Chr. ohne den ab der Neugründung
unter Augustus hinzutretenden Zusatz Augusta216 , sondern
lediglich mit der aus der Grabinschrift des ersten Gründers
Munatius Plancus attestierten Kurzform Raurica217, genannt
wird, muss indes nicht gegen eine Identifikation als Ortsangabe sprechen.218 Wie die ohnehin nicht einheitliche Benennung der Kolonie in nachaugusteischer Zeit nahelegt219, war
die Angabe Raurica wohl signifikant und unverwechselbar
genug als Identifikation des unter Augustus neugegründeten Orts, zumal die involvierten Personen (Absender, Empfänger, Bote) die Adresse mit Sicherheit mit spezifischem
Vorwissen ohne Probleme zu deuten wussten.220 In der Tat
ist einer direkten Ortsnennung – im Gegensatz zu einer indirekten über ein Ethnikon – im Kontext einer Adressbeschriftung höhere Plausibilität zuzusprechen. Auch wenn eine
Interpretation als Sendername mit Blick auf das Formular
nicht gänzlich von der Hand zu weisen ist, so ist doch das
Fehlen zuverlässiger onomastischer Parallelen in Rechnung
zu stellen.
In sämtlichen oben genannten Lesarten wäre der verbleibende, erste Buchstabe B der zweiten Zeile als letzter
Buchstabe eines Adresselements der ersten Zeile zu deuten.
Es ist dabei an den Schluss des gentilicium bzw. des cognomen des Absenders oder Empfängers zu denken. Der betreffende Namensbestandteil wäre hierbei abgekürzt zu rekonstruieren, wobei die Kasusendung vom Schreiber aufgrund
212
213
214
215
216
217
218
219
220
Die Zusammenstellung aller Belege bei Berger 2000.
Tab. Vindon. 7.
Tab. Vindon. 48b, in der Form Augusta Trevirorum (!).
RIB 2443.4, mit der Ortsangabe Lugualio (sic) im Ablativ direkt nach
dem Empfängernamen. Weitere Beispiele für ein Ortsangaben im
Ablativ – allerdings in umgekehrter Reihenfolge der Adresselemente
– sind von Schreibtafeln aus Vindolanda bekannt, RIB 2443.10 und
Tomlin 1996, 460. Für die auschliesslich mit Tinte beschriebenen tiliae aus Vindolanda, die nur Ortsangaben im Lokativ tragen, siehe
Bowman u. Thomas 1994, 43.
Zur Neugründung siehe die Neuinterpretation der so genannten Nuncupator-Inschrift, Berger 2000, T2.
CIL X 6087: L(ucius) Munatius L(uci) f(ilius) L(uci) n(epos) L(uci)
pron(epos) / Plancus co(n)s(ul) cens(or) imp(erator) iter(um) IIvir /
epulon(um) triump(havit) ex Raetis aedem Saturni / fecit de manibis
agros divisit in Italia / Beneventi in Gallia colonias deduxit / Lugdunum et Rauricam.
Es ist indes sogar gut möglich, dass die Grabinschrift des Plancus, die
gut drei Jahrzehnte nach der ersten Gründung angefertigt wurde, bereits den Namen bzw. Namensbestandteile der Neugründung überliefert; Isaac 1971, 16–17. Zur Namensfrage siehe zusammenfassend
und mit älterer Literatur Berger 2000.
Berger 2000, T3–T27.
Der Umkehrschluss, die Adresse sei ein Zeugnis aus der Zeit vor der
augusteischen Neugründung der Kolonie, ist kaum haltbar. Die Zeitspanne zwischen der (vermeintlichen) Neugründung der Kolonie und
der Deponierung der Tafel ist doch beträchtlich, zumal eine mehrfache Verwendung der Tafel aus den erhaltenen Spuren nicht ersichtlich
ist.
130
des stereotypen Charakters einer solchen Anschrift, der bei
vollständiger Erhaltung des Formulars Zweideutigkeiten
weitestgehend ausschloss, weggelassen wurde.221
Präsentiert sich in abschliessender Betrachtung die
Deutung des Namens Raurica als Ortsangabe als plausibelste Lösung, so bleibt die Frage, wie diese Lokalisierung zu
interpretieren ist. Die Forschung ist seit den ersten Überlegungen zu dieser Thematik im Zuge der Funde in Vindolanda222 noch immer zu keiner befriedigenden Lösung gelangt.
Einerseits ist es möglich, die Ortsangabe in Adressbeschriftungen natürlicherweise und nach modernem Verständnis
als Zielort der Sendung zu deuten. Eine stattliche Anzahl
von in Vindolanda gefundenen tiliae mit anderen Ortsangaben als Vindolanda selbst hat allerdings zu einiger Skepsis
Anlass gegeben.223 Bowman und Thomas sind der Ansicht,
dass es sich bei sämtlichen Ortsangaben um Bestimmungsorte handeln muss. Demgemäss interpretieren sie diejenigen Schreibtafeln und -täfelchen mit der Angabe eines vom
Fundort abweichenden Orts entweder als nicht versandte
Entwürfe oder als Briefe, die zusammen mit dem Empfänger vom Empfangsort zurück nach Vindolanda gelangten.224
Demgegenüber haben sich Speidel225 und zuletzt auch Birley226 für eine gegenteilige Betrachtungsweise ausgesprochen. Insbesondere Speidel deutet die Ortsangaben in den
bisher bekannten Adressen mit Verweis auf den Wunsch des
Absenders auf eine Antwort als Angabe des Ausstellungsorts.227 Eindeutige Funde, die endgültige Klarheit schaffen
könnten, wurden bisher nicht gemacht.228 Ein Schlüssel zur
Lösung des Problems dürfte eine differenzierte Betrachtungsweise darstellen, welche die Position des Ortsnamens
innerhalb des Adressformulars berücksichtigt und dementsprechend beide Möglichkeiten zulassen würde. Eine derartige Untersuchung wurde bisher allerdings nicht in Angriff
genommen.229
Auch die vorliegende Inschrift kann in dieser Hinsicht
keine Klarheit schaffen. Beide Deutungen des Ortsnamen
kommen auch hier grundsätzlich in Frage. Neben der einfach
zu stützenden Variante der Angabe des Aufenthaltsorts des
Absenders kann die Angabe der römischen Kolonie auch als
Aufenthaltsort des Briefempfängers gedeutet werden. Der
Brief wäre sodann entweder vom Empfänger zurück nach
Tasgetium gebracht – man denke etwa an eine kaufmännische Tätigkeit – oder lediglich als Entwurf konzipiert und
noch vor einem allfälligen Versand in Tasgetium entsorgt
worden. Wenig aufschlussreich sind in dieser Hinsicht jedoch weder die Charakteristika des Dokuments selbst noch
221
222
223
224
225
226
227
228
229
Mit Rücksicht auf die unsichere Lesung der ersten Zeile wäre mit der
gebotenen Vorsicht etwa an ein cognomen wie Barbus, Barbatus, Barbarus oder auch Ahenobarbus oder Balbus zu denken; siehe dazu
allgemein Kajanto 1982 und OPEL I, 267–277.
Bowman u. Thomas 1994, 43–46.
Bowman u. Thomas 1994, 43–44. Siehe auch die oben genannten
beiden Beispiele aus Vindonissa.
Bowman u. Thomas 1994, 45; Bowman u. Thomas 2003, 17.
Speidel 1996, 38–39.
Birley 2001, 247–248; Birley 2002, 36–40.
Speidel 1996, 38–39.
Siehe dazu Birley 2001, 248–249.
Siehe dazu Bowmans und Thomas kategorische Ablehnung der Annahme, der Gebrauch von Ortsangaben in Briefen sei in der Antike
flexibel gehandhabt worden; Bowman u. Thomas 1994, 45.
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
der Fundkontext. Ob der in der Inschrift genannte Ort der
Kolonie Raurica Ziel- oder aber Ursprungsort des Briefs
war, kann also nicht abschliessend entschieden werden.
02
I.2
-----+?+[---]
+?+[---]
Ṿ+?+C̣ C+
̣ [---]+[---]
++[---]
Inv.-Nr.: 1997.015.1089.1 / H87 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (39) x 115 x 7 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 31. – Zeit: archäologisch
45–60 n. Chr.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in
einer ufernahen Verfüllschicht, zusammen mit Nr. 1, 3, 4,
14, 15, 16, 37, 39, 40. Unten entlang der Jahrringe gebrochen. 2 mm tiefe Kerbe für die Verschlussschnur mittig auf
oberem Rand, durchgehendes Schnurloch rechts davon.
Oberfläche der Aussenseite (I.1) ohne Schriftspuren. Innenseite (I.2) unten, rechts und links mit erhöhtem Rand. Vertiefte Schriftfläche linksseitig mit Resten von Ritzspuren
(Abb. 163).
Transkription
Der Verwendungszweck der Tafel ist nicht zu erschliessen.
03
Inv.-Nr.: 1997.015.1090.1 / H88 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (58) x 134 x 8 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 31. – Zeit: archäologisch
ca. 34–60 n. Chr. – Literatur: Brem et al. 1999, 128
Abb. 10; Hedinger u. Leuzinger 2002, 100 Nr. 35.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in
einer ufernahen Verfüllschicht, zusammen mit Nr. 1, 2, 4,
14, 15, 16, 37, 39, 40. Untere Seite entlang der Jahrringe
gebrochen. Oben zur Innenseite (I.2) hin geöffnete, rund
20 mm breite, trapezförmige Siegelfurche230 mit Resten von
Wachs. Oben rechts durchgehendes Schnurloch. Oberfläche
der Aussenseite (I.1) mit Ritzungen eines stilus von 10 bis
27 mm Höhe, graduell verblassend nach rechts; keine sichtbare Beschädigung der Oberfläche. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand unten, rechts und links. Vertiefte Schriftfläche
mit sich überlagernden Ritzspuren, mindestens drei Texten
unterschiedlicher Grösse (4–40 mm). Lesung nur für grössten Text möglich (Abb. 164).
I.1
I.2
Transkription
Lesung
m1MATVROm2VRḄỊ+[---]
(vac.)IS(vac.)
Maturo Urḅịc [̣ o dab-]
is
Transkription
Lesung
m3VIIRICOS
Vericos
In der Beschriftung der Aussenseite lassen sich deutlich zwei unterschiedliche Schreiber unterscheiden (m1 und
m2). Der unterschiedliche Duktus des Geschriebenen wird
neben der unterschiedlichen Buchstabengrösse insbesondere an den Formen der Buchstaben V und R offensichtlich,
wobei der erste Schreiber eine kursivere Form bevorzugte
und der zweite Schreiber sich stärker an den Formen der
Capitalis orientiert hat. Davon zu unterscheiden ist die Inschrift auf der Innenseite der Tafel, die von einem dritten
Schreiber (m3) verfasst wurde. Man beachte dessen Verwendung des doppelhastigen E (II). Die mehrmalige Wiederverwendung der Holztafel wird durch die sich überlagernden
Schreibschichten auf der Innenseite unterstrichen.
230
Abb. 163: Tafel Nr. 2 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Zu dieser speziellen Art der Siegelfurche siehe Speidel 1996, 28–29,
Bild 10.
131
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
Der Text auf der Aussenseite ist als Adressbeschriftung
zu identifizieren. Am plausibelsten scheint das Szenario einer mindestens zweifachen Benutzung der Aussentafel als
Teil eines Briefduplex bzw. -multiplex. Der erste Brief ging
dementsprechend an einen Maturus, während der zweite an
eine Person mit dem Namen Urbicus adressiert war. Andere
Ergänzungen des Namens231 wären grundsätzlich möglich.
Geht man allerdings davon aus, dass der Empfängername
vollständig ausgeschrieben wurde und dass die Buchstaben
der zweiten Zeile mit der aus anderen Briefanschriften bekannten Wendung dabis zu ergänzen sind 232, so bleibt aus
Platzgründen einzig das vorgeschlagene cognomen. Selbst
die weibliche Form des Namens würde die Platzverhältnisse
bereits sprengen.
Sichere Angaben zu den beiden Personen sind dem Tafelfragment und der Inschrift nicht zu entnehmen. Maturus
wie auch Urbicus sind nur sehr selten als Namen für Sklaven
attestiert.233 Mit der gebotenen Vorsicht dürften deshalb beide als römische Bürger angesprochen werden. Die unvollständige Namensnennung lässt sich mit der Art der Übermittlung von Briefen in römischer Zeit erklären. Die Beanspruchung von persönlichen oder zumindest in Kenntnis
gesetzten Boten machte eine allzu genaue und ausführliche
Adressierung überflüssig.234 Die Möglichkeit, dass sich hinter den römischen cognomina Peregrine verstecken, ist allerdings nicht gänzlich auszuschliessen. Der Aufenthaltsort
der beiden Genannten ist nicht mit Sicherheit zu rekonstruieren.235 Mehrere Szenarien sind denkbar. Das erste geht von
einem Briefwechsel zwischen zwei Personen aus. So könnte
von einem im vicus Tasgetium lebenden Urbicus ausgegangen werden, der in einem ersten Schritt einen Brief an einen
gewissen Maturus mit uns unbekanntem Wohnsitz geschrieben und adressiert hatte. Mit grosser Sicherheit wurde der
Brief an Maturus auch versandt. Zumindest wurde der Brief
versiegelt, wie die Wachsreste in der Siegelkerbe auf der
Kante des Tafelfragments belegen. In einem zweiten Schritt
könnte das Beschreibmaterial des Briefs vom Empfänger
Maturus wiederverwendet worden sein, um dem Absender
Urbicus eine Antwort auf dessen Brief zukommen zu lassen, was den modernen Fundort erklären würde. Ein zweites Szenario geht von einem sich in Tasgetium aufhaltenden
Urbicus als Empfänger eines Briefs aus wiederverwendetem
Beschreibmaterial aus. Auch der Name des Absenders wäre
als ursprünglicher Empfänger des wiederverwendeten Beschreibstoffs mit Maturus bekannt. Allerdings wäre nicht
von zwei, sondern von drei am Briefwechsel beteiligten
Personen auszugehen. Ein nicht näher bekannter Sender
des ursprünglichen Briefs an Maturus wäre zusätzlich vor231
232
Abb. 164: Tafel Nr. 3 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
132
233
234
235
Urbianus, Urbica, Urbicana, Urbicianus, Urbicinus, Urbicio, Urbicosus, Urbigena; Kajanto 1982, 311; Urbilla, 170; Urbinianus, 159.
Beispiele aus Vindonissa, wo die Wendung besonders häufig attestiert ist, Speidel 1996, 36, besonders Tab. Vindon. 28, 49 und 76;
daneben aus Luguvalium (Carlisle) RIB 2443.3, aus Vindolanda
(Chesterholm) Tab. Vindol. 107, aus der Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln) AE 1998, 0964b und eventuell auch AE 1998,
0964c, aus Mogontiacum (Mainz) AE 1998, 0994.
Zur Verteilung der Namen siehe Kajanto 1982, 301 u. 311.
Speidel 1996, 83.
Siehe dazu auch die Ausführungen zu Nr. 1.
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
auszusetzen. Eine dritte Möglichkeit wäre der Versand des
Schriftstücks innerhalb der Siedlung.236
Der Text auf der Innenseite der Tafel – zumindest der
lesbare Teil davon – steht nicht im Zusammenhang mit der
Adressbeschriftung. Die Inschrift wurde wohl erst nach
dem Bruch der Tafel auf derselben angebracht. Einerseits
markiert der untere Bruch der Tafel exakt das Ende der
Schriftzeile, sprich die Buchstaben sind nicht durch die Beschädigung beschnitten und sind genau auf die Tafelgrösse
angepasst. Andererseits trägt die Inschrift nicht die Charakteristika einer Inschrift, wie man sie auf der ersten Innenseite eines Briefmultiplexes erwarten würde. Die Buchstaben
sind, nicht zuletzt auch im Vergleich zu den übrigen Buchstabenspuren auf der Innentafel, überdimensional gross. Die
Inschrift wird deshalb wohl zu einer späteren Benutzungsphase zu zählen sein. Ob die Buchstaben Produkt einer
Ritzung durch Wachs oder Zeugnis einer direkten Ritzung
in das Holz der Schreibfläche sind, kann nicht abschliessend entschieden werden. Aufgrund der bereits angestellten
Überlegungen ist indes zur zweiten Möglichkeit zu tendieren.
Die Inschrift selbst lässt sich als Personenname identifizieren. Der Name Vericos ist bisher in der romanisiertlatinisierten Variante eines wohl keltischen Eigennamens in
einer Inschrift aus der Provinz Aquitania attestiert.237 Auch
bei Cassius Dio findet sich der Name in peregrin-keltischem
Zusammenhang in der phonetischen Variante Berikos.238
Die grösste Nähe zur vorliegenden Inschrift zeigt indes eine
gallische Bronzemünze mit der Aufschrift VIIRICO(s).239
Die Münze gehört aufgrund ihrer ikonographischen (Pferd,
Profilkopf) und textlichen Charakteristika zu einer Reihe
von Münzen, die entweder VIRIC(-) oder VIIRIC(-) als Legende tragen und im Südwesten der Provinz Gallia Belgica,
in der Normandie, zu verorten sind.240 Der auf dem vorliegenden Tafelfragment Genannte ist demzufolge mit Sicherheit als keltischer Peregriner zu identifizieren. Wie sein
Name, der nach den heute bekannten Zeugnissen in Westgallien verbreitet war, auf ein Schreibtafelfragment in Tasgetium gelangte, ist ungleich schwieriger zu beantworten.
Die Schreibtafel, wie sie sich uns heute präsentiert, könnte
beispielsweise als Eigentumsmarke an einem nicht näher
bekannten Gegenstand – sei das eine persönliche Habe, sei
das ein Handelsgut – gedient haben. Dass der Kelte mit dem
westgallischen Namen sich auch tatsächlich im entfernten,
östlichen vicus Tasgetium aufgehalten hat, kann damit nicht
abschliessend bewiesen werden, liegt aber im Bereich des
Möglichen. Die Frage nach den Umständen seines Aufenthalts ist allerdings nicht zu klären. War der Kelte kein Einheimischer, wovon aufgrund der geographischen Verteilung
des keltischen Namens auszugehen ist, so wird ihn mit einiger Sicherheit eine Handels- oder Arbeitstätigkeit in den
236
237
238
239
240
Dazu, allerdings im Kontext des Legionslagers, Speidel 1996, 84–85.
CIL XIII 01446: Pro sal(ute) Imp(eratoris) Cae[s(aris) Aug(usti?)] /
moniment(um) Lucan[us?] / Verici fil(ius) et patri su[o fec(it?)].
Cass. Dio 60,19,1; zu datieren in das Jahr 43 n. Chr. mit Bezug zur
Bretagne.
Hucher 1857, 115–116 u. 96 Nr. 16.
RIG IV 304; CCCBM III, 63–64 XXVIII.
Osten geführt haben.241 Neben den nicht gänzlich zu klärenden äusseren Umständen ist das vorliegende Tafelfragment
auch in übertragenem Sinne interessant. Die genuin römische Schreibtafel und der darauf geritzte, keltische Name
zeigen exemplarisch das Neben- und Miteinander von keltischer und römischer Lebenspraxis.
04
Inv.-Nr.: 1997.015.1166.1 / H478 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (59) x (98) x 3 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 31. – Zeit: archäologisch
nach 60 n. Chr.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in
einer ufernahen Verfüllschicht, zusammen mit Nr. 1, 2, 3,
14, 15, 16, 37, 39, 40. Oben und unten entlang der Jahrringe,
rechts nichtlinear gebrochen. Oberfläche der Aussenseite
(I.1) mit Abschabungen, braun-schwarze Reste einer Tintenaufschrift von rund 10 mm Höhe und vereinzelt korrespondierende Ritzspuren des calamus. Innenseite (I.2) links mit
erhöhtem Rand, Schriftfläche mit unleserlichen Ritzungen
(Abb. 165a–b)
Abb. 165a: Tafel Nr. 4 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
I.1
Transkription
-----[..]+[---]++[---]
ṚẠ+Ṇ+?+[---]
++ṾṚ[.]+[.]++DṚ+[---]
+[..]+[.]+?+[---]
------
Der Verwendungszweck der Tafel ist aufgrund der
sehr fragmentarischen Textüberlieferung unklar. Naheliegend wäre etwa eine Identifizierung als Adressbeschriftung.
241
Der vorliegende Befund passt sowohl typologisch als auch chronologisch in das Schema der von Lothar Wierschowski gemachten Beobachtungen zur Abwanderung aus der Gallia Belgica; Wierschowski
1995, 194–203 u. 208. Weitere Zeugnisse, welche die These stützen
könnten, wie anderes instrumentum domesticum mit der Nennung des
vorliegenden Namens, sind nicht bekannt.
133
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
Abb. 166: Tafel Nr. 5, Seite mit Lesung und
Seite ohne Lesung, Massstab 1:2.
der Buchstaben zu einer sekundären Benützungsphase –
nach dem Bruch der Tafel – ist damit wahrscheinlich.242
06
Inv.-Nr.: 2002.051.1166.1 / H1000 – Typ: S1. – Holzart: Fichte (Picea abies). – Masse: (33) x 99 x 6 mm. –
Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
ab Mitte 1. Jh. n.Chr, historisch vor späte 60er Jahre
1. Jh. n. Chr.
Abb. 165b: Tafel Nr. 4 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Die Zuordnung zu einer sekundären Verwendungsphase ist
nicht auszuschliessen.
05
Inv.-Nr.: 1997.015.1308.1 / H481 – Typ: I1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (22) x (55) x 3 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 31. – Zeit: archäologisch
nach 27 n. Chr.
Zwei anpassende rechteckige Fragmente einer einfachen Innentafel, modern zusammengefügt, gefunden in
einer ufernahen Verfüllschicht. Eine Breitseite mit erhöhtem Rand, übrige Seiten gebrochen. Schriftfläche einer Seite (II.2/3?) mit Ritzspuren von rund 20 mm Höhe. Zweite
Schriftfläche (II.2/3?) mit unleserlichen Resten von Ritzungen (Abb. 166).
Fragment einer Siegeltafel mit vertieftem Siegelstreifen, gefunden in der Verfüllung eines Drainagekanals. Unten entlang der Jahrringe gebrochen. Erste Seite (II.3) mit
erhöhtem Rand oben, links und rechts. Schmale, 5 mm tiefe
Schnurkerbe mittig am oberen Rand, links davon durchgehendes Schnurloch. Schriftfläche der ersten Seite linksseitig
abgeschabt und beschädigt, Verfärbungen schwarzen Wachses, vereinzelt feinste unleserliche Ritzspuren. Zweite Seite
(Siegelseite, II.4) mit erhöhtem Rand unten, links und rechts.
22 mm breiter, 2 mm tiefer Siegelstreifen in der Mitte der
Schriftfläche. Feinste Ritzspuren von 6 mm Höhe im Feld
rechts des Siegelstreifens, Verfärbungen schwarzen Wachses (Abb. 167).
II.4 Transkription
-----+[---]+[---]
Ṣ+ḶP̣+++Ṿ+
+ṬḤ++[---]
(vac.?)
II.2/3 (?)
Transkription
-----[---]+AḌ+
-----Der als D transkribierte Buchstabe kann auch als B
gelesen werden.
Auffallend sind die grossen Buchstaben, welche das
Schreibtafelfragment in der Höhe ausfüllen. Die Zuordnung
134
Trotz der fragmentarischen Überlieferung der Ritzspuren sind deutliche Unterlängen von Buchstaben erkennbar. Neben denjenigen der Buchstaben S und P ist in der
zweiten Zeile die Unterlänge eines nicht mehr erhaltenen
Buchstabens der ersten Zeile sichtbar.
242
Siehe Nr. 3, 17 u. 18.
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
angebracht. Im Gegensatz zu denjenigen der Innenschrift
wurden die Tafeln mit der Aussenschrift nicht dauerhaft
verschlossen, sodass der Rechtstext jederzeit konsultiert
werden konnte, ohne dabei die Siegel der Zeugen brechen
und damit die Rechtskraft der Urkunde zunichte machen zu
müssen.244
Ungeachtet der schlechten Leserlichkeit der Ritzspuren sind diese deshalb aus rein formalen Gründen als
Reste der Namensnennung eines oder mehrerer Zeugen,
das Tafelfragment selbst als Teil einer wohl mittleren Tafel
eines Urkundentriplex zu identifizieren. Nichtsdestotrotz
ist eine zuverlässige Lesung nicht zu bewerkstelligen. Eine
Interpretation der zweiten Zeile als Nennung einer Person
der gens Sulpicia muss hypothetisch bleiben. Die lesbaren
Buchstaben der dritten Zeile legen die Nennung eines griechischstämmigen Namens nahe. Bei dem Genannten könnte
es sich deshalb um einen Freigelassenen gehandelt haben.
Die archäologische Datierung des Tafelfragments kann
aus formalen Gründen präzisiert werden. Ein Senatsbeschluss aus neronischer Zeit245, datiert ins Jahr 61 n. Chr.246,
schrieb für öffentliche und private Urkunden eine Erhöhung
der Sicherheit vor Fälschungen vor. Die Siegelschnur war
neu durch zusätzliche Lochungen direkt durch die Schreibtafel, anstatt wie bisher lediglich über Kerben in deren Rand
zu führen. Diese Vorschrift hat sich, zumindest in Italien,
bereits nach kurzer Zeit durchgesetzt.247 Aufgrund des Fehlens einer zusätzlichen Lochung wäre der Entstehungszeitraum des vorliegenden Siegeltafelfragments somit auf die
50er Jahre und die ersten Jahre des folgenden Jahrzehnts des
1. Jhs. n. Chr. eingegrenzt. Diese zeitliche Einordnung muss
allerdings unsicher bleiben, da für die Provinzen die Frage
nach der zeitlichen und geographischen Verbreitung dieser
Handhabung nicht gänzlich geklärt ist.248
Abb. 167: Tafel Nr. 6 (II.3 und II.4), Massstab 1:2.
07
Dank des spezifischen Formats des Tafelfragments – es
ist hier der Siegelstreifen in der Mitte angesprochen – kann
dieses als Siegeltafel einer Zeugenurkunde identifiziert werden.243 Bei einem solchen rechtlichen Dokument wurde der
Text auf meistens drei Tafeln insgesamt zweimal zu Wachs
gebracht, einmal als rechtlich relevanter Text (scriptura interior/Innenschrift; I.2 und II.3), der durch das Verschnüren
der Tafeln und mit Hilfe des besagten Siegelstreifens (II.4)
versiegelt wurde. Die (meist sieben) Personen, die den in der
Urkunde beschriebenen Rechtsakt bezeugten, siegelten dabei mit ihrem signum, wobei ihr Name in den meisten Fällen
rechts ihres Siegels in die freie Wachsfläche geschrieben
wurde. Eine exakte Kopie des versiegelten Texts (scriptura
exterior/Aussenschrift; II.4 und III.5) wurde in meist kleinerer Schrift und teilweise auch in abgekürzter Form – da
für denselben Text weniger Platz zur Verfügung stand – beginnend auf der freien Seite neben den Siegeln (meist links)
und fortgesetzt auf einer oder mehreren weiteren Tafeln
Zwei anpassende Fragmente einer einfachen Aussentafel, modern zusammengefügt, gefunden in der Verfüllschicht eines Drainagekanals, zusammen mit Nr. 48. Unten
entlang der Jahrringe gebrochen. Linke obere Ecke ausgebrochen. Linker oberer Rand mit durchgängigem Schnurloch. Rund 15 mm breit ausgerissene, ursprünglich wohl
trapezförmige Siegelkerbe in Randmitte, rechte Hälfte bis
in Schreibfläche eingebrochen. Oberfläche der Aussenseite (I.1) abgerieben, linksseitig stark beschädigt, rechtsseitig
braune Tintenspuren sowie sporadisch korrespondierende
Ritzungen des calamus von bis zu 40 mm Höhe. Innenseite
(I.2) mit erhöhtem Rand unten, links und rechts. Vertiefte
Schriftfläche mit stark fragmentierten, unleserlichen Ritzspuren (Abb. 168).
244
243
Zum Aufbau einer Zeugenurkunde siehe grundlegend Wilmanns
1981, 16–20, Abb. 4 u. 5. Für ein Beispiel eines erhaltenen Tryptichons des Doppelurkunden-Typs aus Vitudurum (Oberwinterthur)
siehe Fellmann 1991, Tafel 1–2, H 10–12 und Hedinger u. Leuzinger
2002, Nr. 32.
Inv.-Nr.: 2002.051.1838.1 / H1696 – Typ: A1. – Holzart: Fichte (Picea abies). – Masse: (67) x 144 x 11 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
Mitte 1. Jh. n. Chr.
245
246
247
248
Zum (wechselnden) Verhältnis von scriptura exterior und scriptura
interior siehe Wenger 1953, 75 mit Anm. 14.
Suet. Nero 17; Paul. sent. 5,25,6.
Dazu massgeblich Camodeca 1993.
Camodeca 1993, 358–360.
Camodeca 2006, 225, Anm. 1.
135
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
I.1
Transkription
Lesung
[---]+[---]
›AV+[---]
[------]
(centuria) Auf [id(ii)?]
̣
Die mit einer Feder und Tinte geschriebenen Buchstaben zeichnen sich durch eine systematische, wenn auch etwas eigenwillig anmutende ordinatio mit Ober- und Unterlängen aus. Die sich verdickenden Schäfte der Buchstaben
sind von kalligraphischem Charakter. Der Text steht, nicht
ungewöhnlich, auf dem Kopf.249
Der Text auf der Aussenseite dieser Aussentafel ist als
Adressbeschriftung zu interpretieren. Die Zenturiatsangabe ist in ihrer Form in der Tat als Bestandteil von Adressbeschriftungen, meist zum Schluss des Formulars, bestens
bekannt.250 Das nomen des Zenturionen hat sich aufgrund
der Beschädigung der Tafel nur unvollständig erhalten, ist
jedoch wegen des Buchstabenrests auf der rechten Seite der
Tafel und der Ausmasse des verlorenen Texts mit einiger
Sicherheit als der häufig belegte Name Aufidius zu ergänzen.251 Die Tafel scheint nicht nur einen militärischen Adressaten, sondern auch einen ebensolchen Absender gehabt zu
haben. Die sorgfältige und aufwendige Ausführung der Beschriftung zeugt von einem professionellen Schreiber, wie er
im vorliegenden Kontext wohl nur in militärischem Umfeld
zu finden war.252 Mit seinem expliziten militärischen Bezug
ist das vorliegende Tafelfragment im Corpus der Eschenzer
tabulae ceratae singulär. Eine kontextuelle Einordnung fällt
dennoch nicht schwer, ist eine militärische Präsenz auf der
dem vicus Tasgetium vorgelagerten Insel Werd doch spätestens ab frühtiberischer Zeit anzunehmen.253 Es erstaunt
deshalb wenig, dass die archäologische Datierung des Tafelfragments genau in dieselbe Zeit des frühen 1. Jhs. n. Chr.
weist. Die Schreibtafel scheint einem sich in Eschenz aufhaltenden Soldaten abhanden gekommen oder von diesem
absichtlich entsorgt worden zu sein. Welchem Truppenverband dieser Soldat angehörte, wie gross das im oder beim
vicus Tasgetium stationierte Truppenkontingent war und
welche Aufgaben es zu erfüllen hatte, muss aufgrund fehlender aufschlussreicher Zeugnisse allerdings weiterhin offen bleiben.254
08
Inv.-Nr.: 2002.051.2007.1 / H1777 – Typ: S1. – Holzart: Fichte (Picea abies). – Masse: (25) x (71) x 7 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
2. Hälfte 1. Jh. n. Chr.
Fragment einer Siegeltafel mit vertieftem Siegelstreifen, gefunden in der Verfüllung eines Drainagekanals. Erste
Seite (II.3) oben, rechts und unten gebrochen, links erhöhter
249
250
251
252
253
254
Abb. 168: Tafel Nr. 7 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
136
Siehe Nr. 13 und z.B. Tab. Vindon. 6–9, 16 usw.
Siehe dazu Speidel 1996, 37–38.
Für grundsätzlich zur Ergänzung in Frage kommende nomina siehe
Solin u. Salomies 1988, 27.
Speidel 1996, 57–64.
Brem et al. 1987, 47–53.
Zur Diskussion um die Zusammenhänge einer möglichen Truppenstationierung siehe Brem et al. 1987, 51–52; ferner L. Flutsch, Niffeler u. Rossi 2002, 64.
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
Rand. Schriftfläche in oberen zwei Dritteln beschädigt und
sichtbar eingetieft, unteres Drittel mit filigranen Ritzungen
von 3 bis 5 mm Höhe. Zweite Seite (Siegelseite, II.4) linksseitig mit erhöhtem Rand, rechts Reste des vertieften Siegelstreifens. Oberfläche beschädigt, in mindestens neun Zeilen
Reste von rund 1 mm grossen, nicht lesbaren Buchstaben
(Abb. 169).
Abb. 169: Tafel Nr. 8 (II.3 und II.4), Massstab 1:2.
II.3 Transkription
-----[[------]]
[[------]]
(vac.)CVRFID(vac. 1)HAN[---]
[---]+[---]++
------
Lesung
-----[[------]]
[[------]]
Curfid(i-) HAN[---]
[------]
------
Aufgrund der Tatsache, dass die zusätzlich zur vertieften Schreibfläche der Innenseite abgesenkte Fläche als
Überrest eines Siegelstreifens zu identifizieren ist, kann das
vorliegende Dokument als Rest einer Doppelurkunde angesprochen werden. Wird von dem am häufigsten verwendeten Typus mit drei Tafeln 255, einem triplex, ausgegangen, ist
das vorliegende Tafelfragment als zur zweiten und mittleren
Tafel zugehörig zu identifizieren. Die sichere Lesung von
Buchstaben und deren Ausrichtung auf der ersten Seite des
Fragments lassen zudem eine horizontale Lokalisierung des
Fragments innerhalb der Tafel zu. Es handelt sich um die linke Seite der Innentafel des Dokuments. Neben der Tatsache,
dass es sich aufgrund des Fehlens eines erhobenen Rands
auf der Ober- und Unterseite um das Innere der Tafel handeln muss, ist eine genauere vertikale Lokalisierung indes
nicht möglich. Nichtsdestotrotz sind mit dieser Identifizierung Aussagen zum auf dem Fragment zu erwartenden Text
möglich. Die Charakteristika einer Doppelurkunde lassen
auf der dritten Dokumentseite (II.3) das Ende der Innenschrift erwarten, während auf der vierten Seite (Siegelseite,
255
Wilmanns 1981, 21.
II.4) entweder die Namen der siegelnden Zeugen oder der
Beginn der Aussenschrift zu finden sein müssten.
Von der Innenschrift auf der ersten Tafelseite ist lediglich eine Zeile ganz unten auf dem Fragment lesbar. Die
Fläche oberhalb zeigt Spuren starker Beschädigung, deren
Systematik auf eine primäre Einflussnahme, das heisst
auf eine Rasur mit einem Wachsspatel256 oder vergleichbaren Geräten schliessen lässt. Zu welcher Benutzungsphase
diese Rasur gehört, ist nicht zu eruieren. Die lesbare Zeile
überliefert mit einiger Sicherheit einen römischen Personennamen. Das Gentiliz Curfidius ist aus zwei Steininschriften bekannt.257 Die phonetische Variante des Namens mit
o an Stelle von u scheint indes weit geläufiger gewesen zu
sein.258 Eine Deutung des folgenden Texts als Demonstrativpronomen hanc kann weder ausgeschlossen, noch verifiziert
werden. Plausibler wäre indes, neben dem gentilicium – vor
allem mit Blick auf den rechtlichen Charakter des Dokuments – ein cognomen, das heisst eine vollständige Namensnennung, zu erwarten. Ein römischstämmiger Beiname,
der durch die Transkription gestützt würde, ist allerdings
nicht attestiert.259 Bekannt sind dagegen mehrere cognomina nichtrömischen Ursprungs.260 Mit Blick auf das gesamte,
nota bene nicht erhaltene Dokument, ist Curfidius wohl als
eine in die rechtliche Transaktion involvierte Person zu identifizieren.261
Auch wenn von der Inschrift auf der zweiten Tafelseite (Siegelseite, II.4) lediglich unleserliche Ritzspuren erhalten sind, besteht kein Zweifel an der Tatsache, dass hier
ursprünglich der Beginn der Aussenschrift der Urkunde gestanden hat. Eine Nennung der siegelnden Personen kann
aufgrund der geringen Grösse der Ritzungen und des kleinen Zeilenabstands ausgeschlossen werden. Die Namen der
Siegelnden werden auf der nicht erhaltenen, rechten Seite
neben dem Siegelstreifen gestanden haben.
09
Inv.-Nr.: 2002.051.2065.1 / H2002 – Typ: A1. – Holzart: Weisstanne (Abies alba). – Masse: (40) x (130) x 8
mm. – Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch 2. Jh. n. Chr.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in
einer römischen Planieschicht. Oben gebrochen. Am unteren Rand mittig eine Schnurkerbe, links und rechts je ein
durchgehendes Schnurloch. Aussenseite (I.1) ohne Schriftspuren. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand oben, links und
rechts. Schriftfläche beschädigt, filigrane Ritzspuren von 3
bis 4 mm Höhe (Abb. 170).
256
257
258
259
260
261
Siehe dazu Gaitzsch 1984.
AE 1983, 389; 1985, 266.
Cic. ad Att. XIII 44; CIL VI 9821; 16094; 35006; VIII 17903; IX
4811; AE 1997, 1728.
Siehe dazu Kajanto 1982.
Siehe OPEL II, 173: Hanaco, Hananien, Hanarrus, Hanelus, Hanicus,
Hanna, Hannaxus, Hannibalianus, Hanno. Ein keltischer Name
kommt kaum in Frage. Einzig Hanarrus ist als keltischstämmig bezeugt, Holder I, 2049.
Eine Konsuldatierung, die an der betreffenden Stelle durchaus Platz
hätte finden können, kann ausgeschlossen werden. Ein Konsul mit
dem entsprechenden Namen ist nicht bekannt.
137
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
delt haben. Die fragmentierten Textelemente zu Beginn und
Schluss der zweiten Zeile sind mit einiger Sicherheit als römische cognomina bzw. nomina zu identifizieren.262
10
Inv.-Nr.: 2007.003.35.1 – Typ: A1. – Holzart: Weisstanne (Abies alba). – Masse: (56) x (106) x 8 mm. – Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 36. – Zeit: archäologisch römisch.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden im
Aushub römischer Kulturschichten (ohne Kontext). Unten
entlang der Jahrringe gebrochen. Auf der rechten Breitseite verloren, Brand- und Verkohlungsspuren. Oberfläche der
Aussenseite (I.1) mit gut sichtbaren Ritzspuren eines stilus
von 15 bis 30 mm Höhe. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand
links und unten. Vertiefte Schriftfläche abgerieben, Reste
von feinen, unleserlichen Ritzspuren (Abb. 171).
I.1
Transkription
Lesung
M(vac. 1)CORỊ[---]
(vac. 1)VIIRO(vac.)
M(arco) Corṇ[elio?]
Vero
Die Buchstaben M, R und der letzte Buchstabenrest
der ersten Zeile weisen starke Unterlängen auf. Das R der
zweiten Zeile wurde nach unten und oben elongiert.
Abb. 170: Tafel Nr. 9 (II.3/III.5? und Aussenseite), Massstab 1:2.
II.3/III.5 (?)
Transkription
5
+[.]+?+Ṿ+?+[---]+?+Ṿ+?+C̣++Ṣ+?+
(vac. 1)NVMEṚIẠ+?+[---]CC+?+M[.]ẠSSIV+
[---]Ṃ[---]+[---]+[---]Ḍ[---]
[---]+[.]+?+[---]+[.]++[.]+[---]+[---]+?+
(vac.?)+?+(vac.?) +
------
Die zweite Zeile scheint innerhalb des Dokuments eine
neue Sinneinheit gebildet zu haben. Dies ist einerseits aus
der Freilassung zu Beginn der Zeile, andererseits aufgrund
der ausladenden Ausführung des Buchstaben N mit Unterund Oberlänge ersichtlich. Die dritte Zeile überlagert den
übrigen Text.
Aufgrund der Ausrichtung der Schrift im Bezug zu
den Schnurlöchern kann die Aussentafel als letzte Tafel eines mehrseitigen Dokuments identifiziert werden. Der Text
lässt aufgrund seiner Fragmentierung allerdings keine Rückschlüsse auf Inhalt und Art des Dokuments zu. Es könnte
sich ursprünglich um einen Brief oder eine Urkunde gehan138
Der Text auf der Aussenseite der Schreibtafel ist als
eine Adressbeschriftung zu identifizieren. Üblicherweise sind die tria nomina des Briefempfängers im Dativ angegeben. Der Name des römischen Bürgers ist bis auf das
Gentiliz vollständig. Die Bruchstelle und der Buchstabenrest in der ersten Zeile lassen mehrere Rekonstruktionen zu.
Am plausibelsten scheint aufgrund seiner qualitativen und
quantitativen Verbreitung das Gentiliz Cornelius. Seltenere nomina, die mit den Buchstabenresten der Bruchstelle
in Übereinstimmung zu bringen sind, können jedoch nicht
ausgeschlossen werden.263 Das cognomen fand im gesamten
römischen Reich weite Verbreitung.264 Der Name vermag
aus diesem Grund nichts über Herkunft und Position des
Empfängers zu verraten.
Der genaue Fundkontext des Tafelfragments ist nicht
rekonstruierbar. Es deutet indes alles darauf hin, dass die
Tafel nicht absichtlich verbrannt265, sondern unfreiwillig zusammen mit Teilen eines Holzgebäudes von einem Feuer in
Mitleidenschaft gezogen wurde. Aus diesem Grund ist die
auf dem Tafelfragment genannte Person wohl im vicus Tasgetium zu verorten, wenn auch eine gegenteilige Interpretation nicht auszuschliessen ist.
262
263
264
265
Zu denken ist etwa an Numerius, Numerianus, eventuell sogar die
weibliche Form Numeria bzw. an ein nomen wie Cassius, Bassius,
Messius, Massius usw.
Solin u. Salomies 1988, 61; OPEL II 74–79. Der Buchstabenrest an
der Bruchstelle ist, nicht zuletzt auch aufgrund der Unterlänge, entweder als F, N oder S zu deuten.
Kajanto 1982, 253; OPEL IV 160–161.
Vgl. die absichtliche Verbrennung von für den Beschrieb nicht mehr
brauchbarem Holz in Vindolanda; Bowman u. Thomas 1994, 18.
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
tem Rand links, rechts und unten, linksseitig teilweise abgetragen. Schriftfläche graduell nach oben abgerieben und
mit kleineren Druckbeschädigungen. Fragmentarische Ritzspuren von rund 5 mm Höhe in ca. sechs Zeilen (Abb. 172).
Abb. 171: Tafel Nr. 10 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
11
Inv.-Nr.: 2007.003.1083.1 / H331 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (74) x 110 x 7 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 36. – Zeit: archäologisch
Mitte 1. Jh. n. Chr.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in
einer römischen Planieschicht. Unten entlang der Jahrringe
gebrochen. Rechte obere Ecke ausgebrochen. Rand oben
mit durchgehendem Schnurloch links, Schnurloch rechts
ausgebrochen. Oberfläche der Aussenseite (I.1) oben stark
abgeschabt, ohne Schriftspuren. Innenseite (I.2) mit erhöh-
Abb. 172: Tafel Nr. 11 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
139
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
I.2
Transkription
-----[---]+?+
[---]+[---]+
[---]++[---]+[---]
(vac.?)G̣+O++[---]++[---]Ạ+
ṂỊḶẸASA(vac.1)BO+++
(vac.?)BỊ[---]+?+
In der Lesung eindeutig sind lediglich die Buchstaben
A, B, O und S.
Trotz der schlechten Lesbarkeit der Ritzinschrift kann
die vorliegende Wachstafelseite aufgrund der Ausrichtung
der Schrift als erste Schriftseite eines Dokuments identifiziert werden. Die Art des Schriftstücks ist jedoch aufgrund
der Fragmentierung des Texts nicht zu eruieren.
12
Inv.-Nr.: 2007.003.1281.1 / H1254 – Typ: A1. – Holzart: Fichte (Picea abies). – Masse: (54) x 133 x 2 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 36. – Zeit: archäologisch
2. Hälfte 1. Jh. n. Chr.
Zwei anpassende Fragmente einer einfachen Aussentafel, gefunden in einer ufernahen Verfüllschicht, zusammen mit Nr. 27, 28, 29, 33. Unten entlang der Jahrringe gebrochen. Ecke unten rechts ausgebrochen. Oberfläche der
Aussenseite (I.1) sehr stark beschädigt und gewellt, sehr
fragmentarische Spuren von Tinte und korrespondierende
Ritzungen des calamus von maximal 15 mm Höhe in drei
Zeilen. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand unten, links und
rechts, bis auf Niveau der Schriftfläche abgetragen. Schriftfläche stark beschädigt und verformt (Abb. 173).
I.1 Transkription
M(vac.1)DAMI[---]CA+
+?+[---]+[---]+
T(vac.1)CR+?+
------?
Lesung
M(arco) Dami[nio?] CA[.][------]
T(itus) Cr[---]
------?
Eine vollständige Lesung wird durch die starke Beschädigung und den in der Mitte der Tafel verlaufenden
Bruch des Schriftträgers behindert. Dies ist vor allem für die
kleinere zweite Zeile sowie für das gesamte rechte Fragment
der Fall. Eindeutig ist lediglich der jeweilige Beginn der ersten und dritten Zeile auf der linken Seite. Die Buchstaben
der dritten Zeile sind grösser als die übrigen Buchstaben.
Die vorliegende Beschriftung der Aussenseite einer
tabula cerata ist als Adressbeschriftung zu identifizieren.
Insbesondere die Auslassungen vom Ausmass eines Buchstabens nach dem jeweils ersten Buchstaben der ersten und
dritten Zeile legen eine Interpretation als Beginn von tria
nomina nahe. Die erste und zweite Zeile sind in diesem Sinne der Nennung des Namens des Empfängers zuzuordnen.266
266
Zum Formular siehe Speidel 1996, 37–38.
140
Abb. 173: Tafel Nr. 12 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Als nomen kommt dabei ausschliesslich der gallische Name
Daminius in Frage267, womit der Empfänger als romanisierter Kelte anzusprechen ist. Sein cognomen ist auf der nicht
mehr lesbaren rechten Seite sowie in der zweiten Zeile zu
suchen. Die dritte Zeile beherbergt mit einiger Wahrscheinlichkeit den Namen des Absenders im Nominativ. Auch in
diesem Falle ist lediglich der Beginn mit Sicherheit zu lesen. Eine genaue Identifizierung des nomen ist aufgrund der
267
Holder I 1218; OPEL II 92. Bekannt sind ein Mitglied des früh romanisierten Stammes der Lingonen, CIL XIII 5911, und ein nicht näher
zu identifizierender Träger des Namens aus Britannien, RIB 1952.
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
fragmentarischen Überlieferung der rechten Tafelseite allerdings nicht möglich.268 Ob eine oder mehrere weitere, heute
verlorene Zeilen zu ergänzen sind, ist nicht ersichtlich. Eine
Nennung eines Ortsnamens ist nicht auszuschliessen.
13
Inv.-Nr.: 2009.034.76.1 / H147; 2009.034.77.1 / H149
– Typ: A1. – Holzart: Weisstanne (Abies alba). – Masse: 94 x 124 x 8 mm. – Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 38.
– Zeit: archäologisch frühes 1. Jh. n. Chr.
Vollständige einfache Aussentafel in zwei anpassenden Fragmenten, gefunden in einer römischen Planieschicht.
Unterer Rand mittig mit zur Innenseite (I.2) hin geöffneter, rund 24 mm breiter, trapezförmiger Siegelfurche mit
Schnurkerbe und Wachsresten. Oberer Rand rechts- und
linksseitig mit durchgehendem Schnurloch, mittig Schnur268
kerbe mit Schnurrest. Oberfläche der Aussenseite (I.1) mit
zahlreichen Druck- und Beschädigungsspuren, Ritzungen
eines calamus von rund 11 mm Höhe in drei Zeilen. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand rundum. Schriftfeld mit Spuren von schwarzem Wachs (Abb. 174).
I.1
Transkription
m1M(vac. 1)BISIO(vac.)m2 M(vac. ½)ỌRGỊỌ
m1RVFO(vac.)m2 NAVBIL
(vac.)m2 IA+[---]
Lesung
M(arco) Bisio
Rufo
M(arco) Orgio (?)
Naubiliaṇ[o] (!)
Zu den möglichen nomina siehe OPEL II 81–86.
Abb. 174: Tafel Nr. 13 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
141
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
Man beachte die Schreibweise des Buchstabens M in
vier Hasten.269 Die Inschrift wird getrennt durch eine absichtliche Freilassung in der Tafelmitte. Der Text der beiden
Spalten wurde von zwei unterschiedlichen Schreibern verfasst, wie der jeweils eigene Duktus der Buchstaben verrät,
und steht auf dem Kopf.270
Die Buchstaben auf der Aussenseite sind als Adressbeschriftung zu identifizieren. Diese ist zweispaltig ausgeführt, wobei Schnur- und Siegelkerbe bzw. die nicht erhaltene Verschlussschnur, die Trennlinie zwischen den beiden
Spalten bilden. Die linke Spalte enthält gut lesbare tria nomina im Dativ, welche als Name des Briefempfängers zu
deuten sind. Der Empfänger Marcus Bisius Rufus stammte,
wie die geographische Verbreitung seines nomen verrät, mit
grosser Wahrscheinlichkeit aus dem heutigen Norditalien.271 Die Lesung der rechten Spalte gestaltet sich ungleich
schwieriger, was vor allem der schwerfälligeren Handschrift
und Textanordnung des Schreibers geschuldet ist. Die Tatsache, dass die rechte Spalte von einem zweiten Schreiber
ausgeführt wurde, zeigt, dass es sich hierbei kaum um den
Absender, sondern um eine Zweitverwendung der Tafel und
deshalb ebenfalls um die Angabe eines Empfängernamens
im Dativ handeln muss. Allerdings ist vor allem die Lesung
des Familiennamens des Empfängers in der ersten Zeile –
Orgius – nur unter Vorbehalten zu postulieren. Als Träger
dieses seltenen nomen wäre die Person mit einiger Sicherheit
als keltischstämmig anzusprechen.272 Ein Träger desselben
Familiennamens ist als Zenturio auf einer Wachstafel aus
Vindonissa (Windisch) belegt.273 Die Buchstabenabfolge der
zweiten Zeile ist vergleichsweise eindeutig, wenn auch in
ihrer Interpretation nicht minder problematisch. Der Schreiber hat hier wohl eine Hyperform für das cognomen Nobilianus notiert. In der Tat ist diese Art der Lautwandlung
ab dem 1. Jh. v. Chr. inschriftlich belegt.274 Wie das nomen
ist auch der Beiname Nobilianus vergleichsweise selten und
weist ebenfalls in den keltischen Raum.275 Ein Träger des
cognomen ist etwa aus Augusta Raurica (Augst) bekannt.276
Der zweite Adressat ist demgemäss als romanisierter Kelte anzusprechen. Wo sich die beiden Genannten aufhielten,
ist im Nachhinein nicht mehr zu eruieren. Sicher ist einzig,
dass die Tafel in Eschenz als Abfall entsorgt wurde. Welche
Adressbeschriftung jedoch welcher Benutzungsphase zuzuordnen ist und ob der Schriftträger dazwischen oder danach
allenfalls weitere Verwendung fand, darüber schweigen sich
sowohl die Tafel selbst als auch die Fundumstände aus. Orgius scheint indes kaum ein Einheimischer gewesen zu sein.
Es ist zu bezweifeln, dass zur betreffenden Zeit des frühen
269
270
271
272
273
274
275
276
Siehe den häufigen Gebrauch im Archiv des Caecilius Iucundus aus
Pompeji, CIL IV Suppl. I; ferner Speidel 1996, 33.
Siehe dazu Nr. 7.
Bisius: CIL V 3702, Verona; V 5841, Mailand; XIII 8733, Brescia;
Bisia: V 5239, Rezzonico. Das cognomen Rufus ist indes sehr häufig
und reichsweit verbreitet; Kajanto 1982, 229.
Holder II 876–877; OPEL III 116; dazu Speidel 1996, 101 Anm. 18.
Tab. Vindon. 3.
Brüch 1938, 160–178; Leumann 1977, 72–73. Es handelt sich um
eine Hyperurbanisierung bzw. Pseudoarchaisierung.
OPEL III 103.
RISch 238.
142
1. Jhs. n. Chr. in der geographischen wie auch politischen
Lage von Eschenz bereits ein derartiger Integrationsgrad der
einheimischen Bevölkerung erreicht wurde. Die Identifizierung des romanisierten Kelten als Händler aus dem beträchtlich früher eroberten und romanisierten gallisch-keltischen
Westen wäre deshalb wohl folgerichtiger.
8.4.2
14
Katalog der Tafeln mit Schriftspuren,
unlesbar
Inv.-Nr.: 1997.015.1060.1 / H113 – Typ: A1. – Holzart:
Buche (Fagus sylvatica). – Masse: 70 x 100 x 5 mm. –
Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 31. – Zeit: archäologisch
45–60 n. Chr. – Literatur: Hedinger u. Leuzinger 2002,
100 Nr. 37. (Abb. 175)
Abb. 175: Tafel Nr. 14 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
Vollständige Schreibtafel, gefunden in einer ufernahen
Verfüllschicht, zusammen mit Nr. 1, 2, 3, 4, 15, 16, 37, 39,
40. Die Tafel gleicht typologisch einer einfachen Aussentafel, zusätzlich ist auf einer Breitseite der Aussenseite (I.1)
allerdings eine kleine, fast quadratische ansa angebracht.
Ob ursprünglich auch die gegenüberliegende Breitseite eine
solche ansa trug, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden.
Obwohl auf der Innenseite (I.2) an der Stelle ein Ausbruch
zu verzeichnen ist, ist die Oberfläche der Aussenseite (I.1)
kaum beschädigt, ein Faktum, das bei einem Abbrechen einer ansa kaum zu erwarten wäre. Die Tafel wurde durch
beträchtliche Druckeinwirkung stark beschädigt, beide der
ansa gegenüber liegenden Ecken der Schreibtafel sind bestossen und gebrochen. Die Tafel weist weder Schnurkerbe noch -loch auf. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand, der
sich jedoch kaum über das Niveau der Schriftfläche erhebt,
was selbst unter Berücksichtigung des heutigen Beschädigungsgrads der Tafel die Frage aufwirft, ob der Schriftträger
überhaupt für das Ausgiessen mit Wachs konzipiert wurde. Schriftfläche mit Ritzungen langer gerader Linien, die
in verschiedenen Ausrichtungen die Schriftfläche durchqueren. Die Ritzungen sind im Duktus identisch mit für
Schreibtafeln bekannten Buchstabenritzungen, sprich sie
scheinen intentional zu sein und von einem stilus zu stammen und nicht einer Beschädigung zu entspringen.277
Die Holztafel ist typologisch in ihrer Gestalt als (halbe) tabula ansata nur schwer einzuordnen. Für eine Identifikation als tabula cerata, was aufgrund der geringen
Ausarbeitung der Schriftfläche zumindest zweifelhaft erscheinen muss, sprechen kaum Vergleichsbeispiele. Aus
Herculaneum (Ercolano, I) ist ein achtseitiger codex von
Wachstafeln mit einer gerundeten ansa auf der Breitseite
der Tafeln bekannt.278 Dieser Tafeltypus ist sonst nur vereinzelt in bildlichen Darstellungen überliefert.279 Er bleibt
neben einer tilia mit gehenkelten Breitseiten aus Londinium
277
278
279
Man beachte jedoch deren einseitige Fortsetzung auf dem erhöhten
Rand.
Pugliese Caratelli 1950, 272.
Wenige Beispiele sind aus Reliefdarstellungen bekannt; Boži u.
Feugère 2004, 24 mit Fig. 19. Eine leider nicht genauer bekannte
«rothe, unten mit einem Griffe versehene Rechentafel» war auf einem pompejianischen Wandgemälde zu sehen, Helbig 1868,
Nr. 1725. Ein möglicherweise typologisch ähnliche tabula ansata auf
einem Grabrelief des 2. Jhs. n. Chr. aus Palmyra (Tadmor, Syrien)
erwähnt Fellmann 2009, 113 mit Anm. 529. Dieser geht indes soweit,
die vorliegende Eschenzer tabula ansata mit Verweis auf moderne
lybische Praxis als tabula dealbata (wobei er sie inkonsequenterweise dennoch als tabula cerata deklariert) des palmyrenischen Typus
zu identifizieren. Die vorliegende Tafel gibt jedoch keinerlei Hinweise auf eine allfällige Benutzung als mit Tinte beschriebene, geweisste
Holztafel. Auch eine Identifizierung als Wachstafel in der palmyrenischen Art kann mit einiger Sicherheit ausgeschlossen werden, wurden Wachstafeln doch ausschliesslich parallel zum Verlauf der Jahrringe beschrieben (auch mit Tinte). Eine Orientierung der ansa nach
oben, wie sie Fellmann zwingend voraussetzt, hätte in diesem Falle
eine bisher singuläre, quer zu den Jahrringen verlaufende Beschriftung der Tafel zur Folge. Der in CIL X 7852 genannte codex ansatus
ist nicht auf mit ansae versehene Schreibtafeln zu beziehen, da sich
der Zusatz ansatus nicht auf das einzelne multiplex, sondern auf das
Behältnis mehrerer solcher multiplices bezieht; Mommsen 1908,
506–507; Kunkel u. Wittmann 1995, 521. Für Beispiele eines codex
ansatus siehe Rheinach 1912, 543; Speidel 1996, Bild 26, 29, 30, 31.
(London, GB)280, die gefaltet und wohl mithilfe der ansae
verschlossen wurde, die einzige Parallele. Auch die übrigen
bekannten tabulae ansatae aus Holz liefern kein schlagendes Vergleichsbeispiel. Die in Ägypten in römischer Zeit als
Mumientäfelchen281 verwendeten tabulae ansatae aus Holz
sind aufgrund ihrer Funktionsabsicht, die im vorliegenden
Falle schon aufgrund des Fundzusammenhangs nicht vorausgesetzt werden kann, nicht als Parallele heranzuziehen.
Auch hölzerne Henkeltafeln aus militärischem Kontext aus
Vindonissa (Windisch)282, Luguvalium (Carlisle, GB)283 und
Dura Europos (Syrien)284 sind kaum besser dazu geeignet.
Während die Tafel vom Euphrat eine mit Farbe beschriebene
Ehreninschrift von der mehrfachen Grösse der vorliegenden
Tafel darstellt, dienten die hölzernen tabulae ansatae aus
den Militärlagern von Vindonissa und Luguvalium mit einiger Sicherheit der Beschriftung von Gebäuden oder Korpsmaterial, wie Befestigungsvorrichtungen und im Falle der
Exemplare aus Vindonissa auch konkrete Zenturienangaben
zeigen.285 In ihren Ausmassen sind die Tafeln aus Windisch
mit der Vorliegenden vergleichbar, sie unterscheiden sich
jedoch typologisch. Erstaunlicherweise sind weitere tabulae ansatae aus Holz trotz des vielfachen Vorkommens
der Gestaltungsform auf Stein und in Metall – als Ehren-,
Bau-, Grab- und vor allem andere kleinere Sakralinschriften – nicht bekannt. Gerade ein Vergleich der vorliegenden
Holztafel mit den formatbedingt parallelen Sakralinschriften offenbart jedoch schlagende Analogien. Insbesondere
Votiv- und Fluchtafeln aus Metall weisen eine starke Ähnlichkeit zur vorliegenden, gehenkelten Holztafel auf.286 Wie
unlängst der Fund einer honesta missio eines Legionssoldaten aus Vindonissa in Form einer tabula cerata klar gezeigt
hat287, scheint das Fehlen hölzerner Zeugnisse für bekannte Inschriftentypen auf anderen Materialien seinen Grund
nicht zwingend in der römischen Praxis, sondern vielmehr
280
281
282
283
284
285
286
287
Turner u. Skutsch 1960.
Albert 1972, 30; eine Zusammenstellung der ägyptischen Holzinschriften bei Brashear u. Hoogendijk 1990.
Fellmann 2009, 109, Nr. 1182–1192; 111–112. Die 11 Tafeln sind, bis
auf ein einziges Exemplar aus Buchenholz, aus Tannenholz gefertigt
und weisen eine Länge zwischen 96 und 210 mm auf. Sie sind für die
einseitige Beschriftung ausgelegt und besitzen lediglich eine Schauseite, die nicht vertieft ist und geritzt oder bemalt wurde.
Caruana 1987. Die Tafel von der Grösse von 590 x 317 x 39 mm
stammt aus einem Tangentialschnitt eines Eichenstamms. Beide ansae waren ursprünglich von zwei Nägeln zur Befestigung – wohl an
einem Gebäude – durchbohrt, wovon drei noch erhalten sind. Auf der
Schauseite sind keine Schriftspuren erhalten. Die Tafel war vermutlich bemalt.
Johnson 1931, 148–150, Abb. 23. Die rechteckige Holztafel aus einer
unbestimmten Holzart mit den Ausmassen von 590 x 212 x 8,5 mm
ist rot eingefärbt und mit einer weissen Farbe mit einer Ehrung beschrieben. Sie war ursprünglich wohl Teil einer Freskenmalerei in
einem Raum des palmyrenischen Südtors.
Fellmann 2009, 109–112, Nr. 1182–1192; Nr. 1184: (centuria) Spuri;
Nr. 1186: (centuria) Auli/Rufi.
Aus der Vielzahl der bekannten Parallelen seien exemplarisch angeführt: Weihbleche vom Grossen St.Bernhard AE 1892, 135, CIL V
6875, CIL V 6881; verschiedene tabellae defixionum RIB 323 (Caerleon), CIL IV 9251 (Pompeji), CIL XIII 11069/70 (Aumagne); Lejeune u. Marichal 1977, Nr. 2 (Chamalières; Altkeltisch in römischer
Kursive).
Die Identifizierung als Entlassungsurkunde gelang Speidel 1991;
Tab. Vindon. 1.
143
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
in der vergleichsweise schlechten Überlieferungschance von
Holz zu haben.288 Die Parallelen in Machart und Optik von
Votiv- und Fluchtafeln 289 zu tabulae ceratae legen eine solche Interpretation auch für die betreffenden Sakralinschriften nahe.290 Eine Identifizierung des vorliegenden Objekts
als Votiv- oder Fluchtafel ist dennoch nicht abschliessend
vorzunehmen, da die Innenseite der Schreibtafel diesbezüglich keine entscheidende Hilfestellung bieten kann.291
Die Eigentümlichkeit der Holztafel wird durch die Art
des verwendeten Holzes, Buche, zusätzlich unterstrichen.
Das vorliegende Objekt scheint einer individuellen Produktion aus einheimischem Holz zu entspringen.292 Es wurde
wohl für den speziellen Bedarf hergestellt.293
15
Inv.-Nr.: 1997.015.1066.1 / H125 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (49) x 176 x 9 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 31. – Zeit: archäologisch
45–60 n. Chr. (Abb. 176).
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in einer ufernahen Verfüllschicht, zusammen mit Nr. 1, 2, 3, 4, 14,
16, 37, 39, 40. Unten entlang der Jahrringe gebrochen. Oberer Rand mit durchgängigem Schnurloch links und rechts,
mittig 7 mm tiefe Schnurkerbe. Oberfläche der Aussenseite
(I.1) nahezu unbeschädigt, schwache und fragmentarische,
von einem stilus stammende Druckpunkte. Innenseite (I.2)
mit erhöhtem Rand unten, links und rechts. Schriftfläche
stellenweise stark abgeschabt, schwarze Verfärbungen des
ursprünglichen Wachses, keine Schriftspuren.
16
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in einer ufernahen Verfüllschicht, zusammen mit Nr. 1, 2, 3, 4,
Abb. 176: Tafel Nr. 15 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
288
289
290
291
292
293
Eck u. Roxan 1998, 107–108; Eck 1998, 203–205. Siehe dazu auch
die im französischen Chamalières (Clermont-Ferrand/Augustonemetum) gefundenen Holzbrettchen, die in einen sakralen Zusammenhang gehören. Auf einer von rund 60 dünnen Holztafeln sind deutliche Spuren von Tinte erhalten. Ob es sich dabei um eine Zeichnung
oder um Schrift handelt, ist allerdings nicht mehr zu entscheiden;
Dumontet u. Romeuf 1980, 10–11 und 46, Nr. 195–197, Taf. 44.
Fluchtafeln wurden oft, jedoch nicht in allen Fällen, gerollt bzw. gefaltet; Tomlin 1988, 84.
Man beachte hierzu den Schluss, den Derks 1998, 229 aus der vielfachen Auffindung von Siegelkapseln in Heiligtümern gezogen hat.
Gelübde und Votive sollen in der Form von versiegelten Holztafeln
im Heiligtum deponiert worden sein. Siehe neuerdings für den umfangreichen Bestand an Siegelkapseln aus Augusta Raurica vorsichtig zustimmend Furger et al. 2009, 39–41. Ob dieser Schluss allerdings auf das vorliegende Objekt Anwendung finden kann, ist allein
schon aufgrund formaler Überlegungen stark in Zweifel zu ziehen.
Siehe ein eventuell vergleichbares Muster auf einem Fluchtäfelchen
aus dem englischen Bath (Aquae Sulis); Tab. Sulis 121.
Siehe auch die zweite Tafel speziellen Formats aus derselben Fundstelle Nr. 39.
Siehe hierzu die hölzernen Votivstatuen und -täfelchen aus Chamalières (Clermont-Ferrand/Augustonemetum), die überwiegend aus
Buchenholz hergestellt wurden; Dumontet u. Romeuf 1980, 10. Weiter besteht bezeichnenderweise auch eine der tabulae ansatae aus
Vindonissa, die aus einheimischem Holz hergestellt wurde, aus Buche; Fellmann 2009, 109, Nr. 1188.
144
Inv.-Nr.: 1997.015.1093.1 / H316 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (46) x 147 x 6 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 31. – Zeit: archäologisch
nach 27 n. Chr. (Abb. 177).
Abb. 177: Tafel Nr. 16 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
14, 15, 37, 39, 40. Oben und unten entlang der Jahrringe gebrochen. Oberfläche der Aussenseite (I.1) mit starken Kratzund Druckspuren. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand rechts
und links. Schriftfläche stark beschädigt, fragmentarische
Ritzspuren.
17
Inv.-Nr.: 2002.051.705.1 / H666 – Typ: A1. – Holzart:
Fichte (Picea abies). – Masse: (35) x 158 x 6 mm. –
Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
nach 182 n. Chr. (Abb. 178).
Abb. 178: Tafel Nr. 17 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
Zwei anpassende Fragmente einer einfachen Aussentafel, modern zusammengefügt, gefunden in der Auffüllung
eines hölzernen Brunnenbeckens, zusammen mit Nr. 18, 19,
20, 46. Unten entlang der Jahrringe gebrochen. Schnurloch
am oberen linken Rand. Oberfläche der Aussenseite (I.1)
mit starken Verformungen und Beschädigungen, mehrere
sekundäre Löcher. Fragmentarische Ritzspuren an gebrochener Kante. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand links,
unten und rechts. Schriftfläche stark beschädigt, fragmentarische und stark verblasste Reste einer sekundären Tintenaufschrift von ca. 6 mm Höhe in zwei Zeilen.
Während die Schriftspuren der Aussenseite als Reste einer Adressbeschriftung zu identifizieren sind, ist die
Tintenaufschrift direkt auf der vertieften Schriftfläche der
Innenseite einer sekundären Benutzungsphase zuzuordnen.
18
bzw. nach diesen beiden Veränderungen angebracht worden
zu sein. Das Tafelfragment mag in dieser Phase als eine Art
Etikette zur Beschriftung gedient haben.
19
Inv.-Nr.: 2002.051.723.1 / H679 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (45) x 156 x 6 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
nach 182 n. Chr. (Abb. 180).
Inv.-Nr.: 2002.051.722.1 / H678 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (35) x 155 x 6 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
nach 182 n. Chr. (Abb. 179).
Abb. 180: Tafel Nr. 19 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Abb. 179: Tafel Nr. 18 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in
der Verfüllung eines hölzernen Brunnenbeckens, zusammen mit Nr. 17, 18, 19, 46. Eine Längsseite in einer schrägen
Linie gebrochen. Zwei sekundäre, durchgehende Löcher an
einer Breitseite. Oberfläche der Aussenseite (I.1) beschädigt
und abgerieben, stark verblasste Tintenspuren einer wohl ursprünglich zweizeiligen Aufschrift von rund 12 mm Höhe.
Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand auf einer Längs- und
beiden Breitseiten. Schriftfläche beschädigt, sehr stark verblasste Tintenspuren in zwei Zeilen von rund 5 mm Höhe
in einer Tafelhälfte, zweite Zeile durch Bruch beschnitten.
Die beiden nicht mehr lesbaren Tinteninschriften widerspiegeln unterschiedliche Phasen in der Benutzung der
Schreibtafel. Die zeitlich erste und primäre Benutzung der
Tafel, sprich die Ritzung in die mit Wachs gefüllte Innenfläche, hat keine erkennbaren Spuren hinterlassen. Die Tintenschrift auf der Innenseite, welche vom Bruch der Tafel
beeinträchtigt wird, ist einer zweiten Phase der Benutzung
– die Beschriftung der Schreibtafel mit Tinte ohne Wachsauftrag – zuzuordnen. Als zu einer dritten und letzten Phase
zugehörig ist die nicht lesbare Tintenaufschrift auf der Aussenseite zu identifizieren. Sie folgt den räumlichen Vorgaben von Bruch und Löchern und scheint somit auch erst mit,
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in der
Verfüllung eines hölzernen Brunnenbeckens, zusammen mit
Nr. 17, 18, 20, 46. Unten entlang der Jahrringe gebrochen,
linke obere Ecke ausgebrochen. Oberer Rand rechts der Mitte mit heute ausgefülltem Schnurloch. Oberfläche der Aussenseite (I.1) mit starken Druckbeschädigungen, linksseitig
grossflächige Abplatzungen, fragmentarische Spuren einer
Tintenaufschrift von ca. 11 mm Höhe. Innenseite (I.2) mit
erhöhtem Rand unten, links und rechts. Schriftfläche mit
fragmentarischen Ritzspuren.
20
Inv.-Nr.: 2002.051.745.1 / H689 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: 100 x 182 x 8 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
nach 182 n. Chr. (Abb. 181).
Vollständige einfache Aussentafel, gefunden in der
Verfüllung eines hölzernen Brunnenbeckens, zusammen
mit Nr. 17, 18, 19, 46. Beide Längsseiten mittig mit schmaler,
12 mm langer Schnurkerbe. Oben durchgehendes Schnurloch links und rechts der Schnurkerbe. Oberfläche der Aussenseite (I.1) mit starker Kratz- und Druckbeschädigung.
Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand rundum, links ausgebrochen. Schriftfläche stark beschädigt mit mehreren kleinen
Löchern, sehr fragmentarische Ritzspuren.
145
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
Drei anpassende Fragmente einer einfachen Aussentafel, modern zusammengefügt, gefunden im Abraum eines durch Feuer zerstörten Holzgebäudes, zusammen mit
Nr. 22, 43, 44, 56. Auf einer Breitseite unregelmässig und einer Längsseite entlang der Jahrringe gebrochen. Oberfläche
der Aussenseite (I.1) mit Verkohlungsspuren, stark beschädigt. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand auf einer Längssowie beiden Breitseiten. Schriftfläche stark verformt und
auf Breitseite in Bruchnähe verkohlt, sehr fragmentarische
Ritzspuren.
22
Inv.-Nr.: 2002.051.900.1 / H831 – Typ: A1. – Holzart:
Fichte (Picea abies). – Masse: 116 x 134 x 6 mm. –
Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
2. Hälfte 1. Jh. n. Chr. (Abb. 183).
Vollständige einfache Aussentafel, gefunden im Abraum eines durch Feuer zerstörten Holzgebäudes, zusammen mit Nr. 21, 43, 44, 56. Beide Längsseiten mittig mit
schmaler, 12 mm langer Schnurkerbe. Oben durchgehendes
Schnurloch links und rechts. Oberfläche der Aussenseite
(I.1) stark beschädigt. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand
rundum, links oben ausgebrochen. Schriftfläche stark beschädigt, sehr schwache und fragmentarische Ritzspuren.
Abb. 181: Tafel Nr. 20 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
21
Inv.-Nr.: 2002.051.847.1 / H800 – Typ: A1. – Holzart:
Fichte (Picea abies). – Masse: (85) x (100) x 7 mm. –
Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
2. Hälfte 1. Jh. n. Chr. (Abb. 182).
Abb. 182: Tafel Nr. 21 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
146
Abb. 183: Tafel Nr. 22 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
23
Inv.-Nr.: 2002.051.1358.1 / H1027 – Typ: A1. – Holzart: Fichte (Picea abies). – Masse: (31) x 170 x 5 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
vor 182 n. Chr. (Abb. 184).
25
Abb. 184: Tafel Nr. 23 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in einer römischen Planieschicht. Auf einer Längsseite entlang
der Jahrringe gebrochen, andere Längsseite zur Hälfte ausgebrochen und gequetscht. Oberfläche der Aussenseite (I.1)
stark abgerieben und beschädigt, mehrere kleine, durchgehende Löcher (sekundär). Innenseite (I.2) mit erhöhtem
Rand auf einer Längs- sowie beiden Breitseiten. Schriftfläche beschädigt, fragmentarische Ritzspuren mehrerer sich
überlagernder Texte.
Abb. 186: Tafel Nr. 25 (II.3 und II.4), Massstab 1:2.
Zwei nicht anpassende Fragmente derselben einfachen
Innentafel, gefunden in einer römischen Planieschicht, zusammen mit Nr. 57. Beide Fragmente auf einer Längs- sowie
einer Breitseite gebrochen. Auf erster (II.3) sowie zweiter
(II.4) Tafelseite erhöhter Rand auf einer Längs- und einer
Breitseite erhalten. Schriftflächen unregelmässig stark vertieft. Schriftflächen beidseitig abgerieben, stark fragmentarische Ritzspuren.
26
24
Inv.-Nr.: 2002.051.1862.1 / H1695 – Typ: A1. – Holzart: Fichte (Picea abies). – Masse: (24) x 144 x 4 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
vor 182 n. Chr. (Abb. 185).
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in
der Verfüllschicht eines Drainagekanals, zusammen mit
Nr. 49. Auf der einen Längsseite entlang der Jahrringe, auf
der anderen unregelmässig gebrochen. Rand einer Breitseite
partiell ausgebrochen. Oberfläche der Aussenseite (I.1) beschädigt und abgerieben, stark fragmentierte Tinten- bzw.
Ritzspuren. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand auf beiden
Breitseiten. Schriftfläche stark abgerieben, mit schwarzen
Verfärbungen durch ursprünglich aufgetragenes Wachs,
fragmentarische Ritzspuren.
Inv.-Nr.: 2005.021.1119.1 / H472 – Typ: I1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (40) x (54) x 7 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 35. – Zeit: archäologisch
Mitte 1. Jh. n. Chr. (Abb. 187).
Abb. 187: Tafel Nr. 26 (II.3/4 und II.3/4), Massstab 1:2.
Fragment einer einfachen Innentafel, gefunden in einer
römischen Planieschicht. Unten, oben und auf einer Breitseite gebrochen. Übrige Breitseite auf erster (II.3) und zweiter
(II.4) Tafelseite mit erhöhtem Rand. Beide Schriftflächen
stark beschädigt, fragmentarische Ritzspuren beidseitig.
27
Abb. 185: Tafel Nr. 24 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Inv.-Nr.: 2002.051.2006.1 / H1799; 2002.051.2006.2 /
H1799 – Typ: I1. – Holzart: unbestimmt. – Masse: (34)
x (59) x 5 mm, (34) x (72) x 7 mm. – Fundort: Zone 2,
Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch 2. Hälfte
1. Jh. n. Chr. (Abb. 186).
Inv.-Nr.: 2007.003.1102.1 / H1018 – Typ: S1. – Holzart: Weisstanne (Abies alba). – Masse: (54) x (57) x 8
mm. – Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 36. – Zeit: archäologisch 2. Hälfte 1. Jh. n. Chr. (Abb. 188).
Fragment einer Siegeltafel mit vertieftem Siegelstreifen, gefunden in einer ufernahen Verfüllschicht, zusammen
mit Nr. 12, 28, 29, 33. Unten und oben entlang der Jahrringe,
auf einer Breitseite entlang des Siegelstreifens gebrochen.
Übrige Breitseite auf erster (II.3) und zweiter (II.4) Tafel147
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
Abb. 188: Tafel Nr. 27 (II.3 und II.4), Massstab 1:2.
ersten Tafelseite (II.3) hin geöffneter, rund 35 mm breiter,
trapezförmiger Siegelfurche. Oben durchgehendes Schnurloch auf beiden Seiten neben der Siegelfurche. Erste Tafelseite (II.3) mit erhöhtem Rand rundum, rechts Breitseite abgetragen. Oberfläche der ersten Tafelseite stark beschädigt,
fragmentarische Ritzungen. Zweite Tafelseite (Siegelseite,
II.4) mit erhöhtem Rand rundum und vertieftem Siegelstreifen. Schriftflächen der zweiten Tafelseite sehr stark beschädigt, keine Schriftspuren.
29
seite mit erhöhtem Rand. Zweite Seite (Siegelseite) mit fragmentarischen Resten des vertieften Siegelstreifens. Beide
Schriftflächen mit kleineren Druckbeschädigungen, fragmentarische Ritzspuren.
28
Inv.-Nr.: 2007.003.1140.1 / H697 – Typ: S1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (82) x (54) x 8 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 36. – Zeit: archäologisch
2. Hälfte 1. Jh. n. Chr. (Abb. 190).
Inv.-Nr.: 2007.003.1103.1 / H1014 – Typ: S1. – Holzart: Fichte (Picea abies). – Masse: 118 x 138 x 8 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 36. – Zeit: archäologisch
2. Hälfte 1. Jh. n. Chr. (Abb. 189).
Elf anpassende Fragmente einer fast vollständigen Siegeltafel mit vertieftem Siegelstreifen, teilweise modern zusammengefügt, gefunden in einer ufernahen Verfüllschicht,
zusammen mit Nr. 12, 27, 29, 33. Beide Längsseiten mit zur
Abb. 190: Tafel Nr. 29 (II.3 und II.4), Massstab 1:2.
Fragment einer Siegeltafel mit vertieftem Siegelstreifen, gefunden in einer ufernahen Verfüllschicht, zusammen mit Nr. 12, 27, 28, 33. Unten entlang der Jahrringe und
rechts entlang des Siegelstreifens gebrochen. Erste Tafelseite (II.3) mit erhöhtem Rand oben und links. Ausgebrochenes
Schnurloch am oberen rechten Rand. Schriftfläche abgerieben, in der rechten oberen Ecke ausgebrochen, fragmentarische Ritzspuren. Zweite Tafelseite (Siegelseite, II.4) mit
erhöhtem Rand unten und links, fragmentarische Reste des
vertieften Siegelstreifens. Schriftfläche leicht beschädigt,
keine Ritzspuren.
30
Inv.-Nr.: 2007.003.1204.1 / H794 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (16) x (108) x 7 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 36. – Zeit: archäologisch
römisch (Abb. 191).
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden im
Aushub römischer Kulturschichten (ohne Kontext). Oben,
unten und auf einer Breitseite gebrochen. Oberfläche der
Abb. 189: Tafel Nr. 28 (II.3 und II.4), Massstab 1:2.
148
Abb. 191: Tafel Nr. 30 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
Aussenseite (I.1) mit horizontaler Beschädigung, durch
Bruch beschnittene Ritzspuren (16 mm) eines calamus. Innenseite (I.2) mit einseitig erhöhtem Rand. Schriftfläche mit
kleineren Beschädigungen, fragmentarische Reste von Ritzund Tintenspuren.
31
Inv.-Nr.: 2007.003.1205.1 / H792 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (29) x (77) x 7 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 36. – Zeit: archäologisch
römisch (Abb. 192).
Abb. 194: Tafel Nr. 33, Massstab 1:2.
Abb. 192: Tafel Nr. 31 (I.1 und .2), Massstab 1:2.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden im
Aushub römischer Kulturschichten (ohne Kontext). Oben
und unten entlang der Jahrringe und auf einer Breitseite
gebrochen. Oberfläche der Aussenseite (I.1) mit grossflächigen, wohl sekundären Kratzspuren. Innenseite (I.2) mit
erhöhtem Rand auf einer Breitseite. Schriftfläche mit fragmentarischen Ritzungen von 5 mm Höhe. Zusätzlich sekundäre, durch Bruch beschnittene Ritzungen (29 mm) eines
stilus direkt auf das Holz.
32
links und rechts unregelmässig gebrochen. Der erhöhte
Rand ist weder auf der Aussen- noch der Innenseite sichtbar.
Die Oberfläche ist beidseitig sehr stark beschädigt und verformt. Eine Seite mit Buchstabenresten von schwarzer Tinte.
34
Inv.-Nr.: 2007.003.1384.1 / H961 – Typ: S1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (32) x 139 x 8 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 36. – Zeit: archäologisch
1. Hälfte 1. Jh. n. Chr. (Abb. 195).
Inv.-Nr.: 2007.003.1260.1 / H793 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (28) x (75) x 7 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 36. – Zeit: archäologisch
römisch (Abb. 193).
Abb. 195: Tafel Nr. 34 (II.3 und II.4), Massstab 1:2.
Abb. 193: Tafel Nr. 32 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden im
Aushub römischer Kulturschichten (ohne Kontext). Oben
und unten entlang der Jahrringe und auf einer Breitseite gebrochen. Oberfläche der Aussenseite (I.1) mit vereinzelten
Druckspuren. Innenseite (I.1) mit einseitig erhöhtem Rand.
Schriftfläche mit mehreren Löchern und Beschädigungen,
fragmentarische Ritzspuren von 5 mm Höhe in mindestens
drei Zeilen.
Fragment einer Siegeltafel mit vertieftem Siegelstreifen, gefunden in einer römischen Planieschicht, zusammen
mit Nr. *58. Unten entlang der Jahrringe gebrochen. Oberer
Rand mittig mit 3 mm tiefer Schnurkerbe, durchgehendes
Schnurloch links. Erste Tafelseite (II.3) mit erhöhtem Rand
oben, rechts und links. Schriftfläche beschädigt, fragmentarische Ritzspuren. Zweite Tafelseite (Siegelseite, II.4) mit
erhöhtem Rand unten, rechts und links, vertiefter Siegelstreifen von 27 mm Breite. Schriftfläche der Siegelseite beschädigt, fragmentarische Ritzspuren.
35
33
Inv.-Nr.: 2007.003.1281.2 / H1254 – Typ: A1/I1. –
Holzart: Weisstanne (Abies alba). – Masse: (25) x (108)
x 4 mm. – Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 36. – Zeit: archäologisch 2. Hälfte 1. Jh. n. Chr. (Abb. 194).
Fragment einer einfachen Aussen- oder Innentafel,
gefunden in einer ufernahen Verfüllschicht, zusammen mit
Nr. 12, 27, 28, 29. Unten und oben entlang der Jahrringe,
Inv.-Nr.: 2009.034.105.1 / H164 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (23) x 123 x 6 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 38. – Zeit: archäologisch
frühes 1. Jh. n.Chr. (Abb. 196).
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden im
Fundament eines Drainagekanals. Unten entlang der Jahrringe gebrochen. Vollständige Längsseite mittig mit 6 mm
tiefer Schnurkerbe, rechts- und linksseitig ein durchgehen149
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
Sechs anpassende Fragmente einer fast vollständigen
einfachen Aussentafel, modern zusammengefügt, gefunden
im Fundament eines Drainagegrabens. Linke obere Ecke
und rechte Seite mittig ausgebrochen. Tafel allgemein stark
beschädigt, mindestens fünf teilweise durchgehende, sekundäre Löcher. Oberfläche der Aussenseite (I.1) stark beschädigt. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand rundum, dieser
jedoch stark beschädigt und abgetragen. Schriftfläche stark
abgerieben. Ohne Schriftspuren.
37
Abb. 196: Tafel Nr. 35 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Inv.-Nr.: 1997.015.1064.1 / H104 – Typ: S1. – Holzart:
Fichte (Picea abies). – Masse: (56) x (74) x 7 mm. –
Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 31. – Zeit: archäologisch
nach 60 n. Chr. (Abb. 198).
des Schnurloch. Oberfläche der Aussenseite (I.1) in Bruchnähe abgeschabt. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand links,
unten und rechts. Schriftfläche mit fragmentarischen Ritzspuren.
8.4.3
36
Katalog der Tafeln ohne Schriftspuren
Inv.-Nr.: 1994.006.417.1 – Typ: A1. – Holzart: Fichte
(Picea abies). – Masse: 96 x 129 x 5 mm. – Fundort:
Zone 4, Regest-Nr. 65. – Zeit: archäologisch frühes
1. Jh. n. Chr. – Literatur: Jauch 1997, 223 Nr. 848
(Abb. 197).
Abb. 198: Tafel Nr. 37 (II.3 und II.4), Massstab 1:2.
Fragment einer Siegeltafel mit vertieftem Siegelstreifen, gefunden in einer ufernahen Verfüllschicht, zusammen
mit Nr. 1, 2, 3, 4, 14, 15, 16, 39, 40. Auf einer Breitseite unregelmässig sowie einer Längsseite entlang der Jahrringe
gebrochen. Übrige Breit- und Längsseite auf Aussen- und
Innenseite mit erhöhtem Rand. Schriftfläche der ersten Seite (II.3) stark beschädigt. Zweite Tafelseite (II.4) mit teilweise erhaltenem, vertieftem Siegelstreifen. Oberfläche stark
beschädigt. Ohne Schriftspuren.
38
Abb. 197: Tafel Nr. 36 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
150
Inv.-Nr.: 1997.015.1065.1 / H194 – Typ: A1. – Holzart:
Fichte (Picea abies). – Masse: 88 x 103 x 8 mm. –
Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 31. – Zeit: archäologisch
römisch (Abb. 199).
Vollständige einfache Aussentafel, gefunden in römischer Kulturschicht (ohne Kontext). Längsseiten mittig mit
5 mm tiefen Schnurkerben. Durchgehendes Schnurloch in
oberem Rand rechts. Oberfläche der Aussenseite (I.1) abgerieben und beschädigt. Innenseite (I.2) rundum mit erhöhtem Rand, stellenweise stark abgetragen. Schriftfläche der
Innenseite abgerieben und beschädigt. Ohne Schriftspuren.
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
Abb. 199: Tafel Nr. 38 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
39
Inv.-Nr.: 1997.015.1070.1 / H340 – Typ: A1. – Holzart:
Ahorn, Maserholz (Acer sp.). – Masse: 41 x 69 x 5 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 31. – Zeit: archäologisch
45–60 n. Chr. – Literatur: Hedinger u. Leuzinger 2002,
100 Nr. 36. (Abb. 200)
Fast vollständige einfache Aussentafel, gefunden in
einer ufernahen Verfüllschicht, zusammen mit Nr. 1, 2, 3, 4,
14, 15, 16, 37, 40. Ecke unten links ausgebrochen. Rand oben
links und rechts mit Schnurloch, rechtsseitig nach oben ausgebrochen. Rand unten mit 5 mm tiefer Schnurkerbe. Oberfläche der Aussenseite (I.1) mit einigen Druckstellen. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand rundum. Ohne Schriftspuren.
Ausserordentlich an dieser tabula cerata ist einerseits
das verarbeitete Holz, andererseits die im Vergleich zu den
durchschnittlichen Ausmassen von tabulae ceratae geringe
Grösse294. Das Material ist als Maserholz des einheimischen
Ahorns zu identifizieren, das einer Anomalie, sprich einer
knollenförmigen Wucherung im Wurzel- oder Stammbereich des Baums entsprang.295 Seine handwerkliche Verwendung lässt sich bis ins Neolithikum zurückverfolgen, wie
häufige Funde von Gefässen aus derartigem Holz zeigen.
Unter anderem sind Tassen aus gemasertem Ahornholz aus
der Seeufersiedlung Arbon-Bleiche 3 nachgewiesen. Maserholz wurde indes nicht nur wegen seiner vorteilhaften
Eigenschaften ausgewählt, sondern auch aus ästhetischen
Gründen. Zudem ist es aufgrund seines nichtlinearen Faserverlaufs weniger anfällig auf Spannungen. Hölzer mit
einer aussergewöhnlichen Maserung, die sich zudem leicht
und effektvoll polieren liessen, erfreuten sich vor allem in
römisch-aristokratischen Kreisen einer prestigeträchtigen
Stellung als Luxusgut.296 Dennoch ist die Verwendung von
Maserholz als Material für eine Schreibtafel höchst aussergewöhnlich. Das Massenprodukt tabula cerata wurde
durchgehend aus regelmässig gewachsenem, hartem Holz
gefertigt, das sich leicht spalten liess und die Produktion
somit vergleichsweise einfach gestaltete.297 Maserholz hingegen ist für den vorliegenden Zweck aufgrund des unregelmässigen Faserverlaufs nicht spaltbar und musste gesägt
und anschliessend in aufwendiger Art und Weise geschliffen werden.298 Die Schreibtafel aus Maserholz ist demnach
als ein aufwendiges Einzelstück (zusammen mit eventuell
weiteren Tafeln für einen codex) und somit als Luxusobjekt
zu identifizieren, zumal der praktische Nutzen aufgrund der
geringen Grösse eher bescheiden ausgefallen sein dürfte –
sofern die Tafel überhaupt je mit Wachs ausgefüllt wurde.
In der Tat wurden, wie der kaiserzeitliche Dichter Martial
überliefert, unter wohlhabenden Römern Wachstafeln aus
kostbarem Zitrusholz und Elfenbein als Gastgeschenke
ausgetauscht.299 An eine – wenn auch etwas bescheidenere – Imitation dieser Gepflogenheit könnte im vorliegenden
Fall durchaus zu denken sein. Eine auffällige Parallele zum
vorliegenden Objekt findet sich ferner in einer beinernen
Wachstafel mit beinahe denselben Abmessungen, die einem
jungen Mädchen zu Beginn der Regierungszeit des Tiberius in der Gegend nördlich von Rom ins Grab mitgegeben
wurde. Die kleine Schreibtafel ist Teil eines eindrücklichen
Inventars von miniaturisierten Luxusobjekten, die vor allem
repräsentativen Charakter gehabt haben dürften.300 In diesem Sinne wird man die Miniaturschreibtafel aus Maserholz
als eine Art Schmuckstück bzw. Prestigeobjekt identifizieren können. Erinnert sei diesbezüglich auch an die vielfachen Abbildungen von Schreibutensilien auf Grabreliefs rö294
295
296
297
298
Abb. 200: Tafel Nr. 39 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
299
300
Das sehr kleine Format der Schreibtafel ist aussergewöhnlich, wenn
nicht einzigartig; siehe die durchschnittlich um einiges grösseren
Formate aus Vindonissa (Windisch); Speidel 1996, 24–28. Ein Vergleich mit anderen Corpora von Schreibtafeln ist aufgrund fehlender
Grössenangaben in den Editionen leider nicht möglich.
Jackson u. Day 2003, 88–89.
Meiggs 1982, 286–292.
Siehe dazu Speidel 1996, 20–21.
Die vergleichsweise doch stark abgerundete Form der Ecken und
Kanten der Schreibtafel könnten ein Indiz dafür sein.
Mart. 14, 3 (pugillares citrei); 14, 5 (pugillares eborei).
Zahn 1950/51, 281; Vierneisel 1979, 193–195, Abb. 193.
151
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
mischer Berufsschreiber sowie an die Portraitdarstellungen
von Römerinnen und Römern, die sich in der Zurschaustellung ihrer Bildung mit tabulae ceratae und stilus abbilden
liessen.301
40
Inv.-Nr.: 1997.015.1094.1 / H91 – Typ: A1. – Holzart:
Ahorn (Acer sp.). – Masse: (81) x 132 x 2 mm. – Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 31. – Zeit: archäologisch 45–
60 n. Chr. (Abb. 201).
Abb. 202: Tafel Nr. 41 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
42
Inv.-Nr.: 1999.010.303.1 / H319 – Typ: A1. – Holzart:
Fichte (Picea abies). – Masse: (18) x (38) x 7 mm. –
Fundort: Zone 6, Regest-Nr. 97. – Zeit: archäologisch
vor 171 n. Chr. (Abb. 203).
Abb. 201: Tafel Nr. 40 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Abb. 203: Tafel Nr. 42 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Zwei anpassende Fragmente einer einfachen Aussentafel, modern zusammengefügt, gefunden in einer ufernahen Verfüllschicht, zusammen mit Nr. 1, 2, 3, 4, 14, 15,
16, 37, 39. Eine Breit- sowie eine Längsseite diagonal ausgebrochen. Oberfläche der Aussenseite (I.1) mit starken
Druck- und Verformungsspuren. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand auf einer Längs- sowie teilweise zwei Breitseiten.
Schriftfläche stark verformt und beschädigt. Ohne Schriftspuren.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden im
Fundament eines römischen Wirtschaftsgebäudes. Eine
Breitseite unregelmässig sowie oben und unten entlang der
Jahrringe gebrochen. Oberfläche der Aussenseite (I.1) stark
beschädigt. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand auf einer
Breitseite. Schriftfläche abgerieben. Ohne Schriftspuren.
41
Inv.-Nr.: 1999.010.120.1 / H125 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (50) x (115) x 6 mm.
– Fundort: Zone 6, Regest-Nr. 97. – Zeit: archäologisch
römisch (Abb. 202).
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden im
Aushub römischer Kulturschichten (ohne Kontext). Unten
entlang der Jahrringe gebrochen. Rechts unregelmässig
gebrochen. Oberer Rand mit durchgehendem Schnurloch.
Oberfläche der Aussenseite (I.1) stark beschädigt. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand links und unten. Schriftfläche
stark beschädigt, Brandfleck mittig. Ohne Schriftspuren.
301
Gaitzsch 1984; Speidel 1996, 58 insbes. Anm. 9.
152
43
Inv.-Nr.: 2002.051.845.1 / H777 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (84) x (140) x 9 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
2. Hälfte 1. Jh. n. Chr. (Abb. 204).
Sieben anpassende und drei nicht anpassende Fragmente einer einfachen Aussentafel, modern zusammengefügt, gefunden im Abraum eines durch Feuer zerstörten
Holzgebäudes, zusammen mit Nr. 21, 22, 44, 56. Unten entlang der Jahrringe gebrochen. Rand oben rechts mit durchgehendem Schnurloch. Tafel rechtsseitig mit sich graduell
verstärkenden Verkohlungsspuren. Oberfläche der Aussenseite (I.1) stark beschädigt. Innenseite (I.2) mit erhöhtem
Rand unten, links und rechts, abgetragen unten und links.
Ohne Schriftspuren.
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
45
Inv.-Nr.: 2002.051.1024.1 / H885 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (67) x 168 x 8 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
nach 182 n. Chr. (Abb. 206).
Vier anpassende Fragmente einer einfachen Aussentafel, modern zusammengefügt, gefunden in einer römischen Planieschicht. Unten entlang der Jahrringe gebrochen.
Oberer Rand rechtsseitig mit durchgehendem Schnurloch.
Oberfläche der Aussenseite (I.1) abgeschabt und beschädigt.
Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand unten, links und rechts.
Schriftfläche abgerieben und beschädigt. Ohne Schriftspuren.
Abb. 204: Tafel Nr. 43 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
44
Inv.-Nr.: 2002.051.848.1 / H799 – Typ: A1. – Holzart:
Fichte (Picea abies). – Masse: (50) x (123) x 9 mm. –
Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
2. Hälfte 1. Jh. n. Chr. (Abb. 205).
Drei anpassende und 13 nicht anpassende Fragmente einer einfachen Aussentafel, modern zusammengefügt,
gefunden im Abraum eines durch Feuer zerstörten Holzgebäudes, zusammen mit Nr. 21, 22, 43, 56. Sämtliche Fragmente mindestens einseitig vollständig verkohlt und schwer
beschädigt. Auf der Innenseite (I.2) ist auf zwei Seiten der
erhöhte Rand sichtbar. Ohne Schriftspuren.
Abb. 206: Tafel Nr. 45 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
46
Inv.-Nr.: 2002.051.1444.1 / H1212 – Typ: A1. – Holzart: Fichte (Picea abies). – Masse: (33) x (65) x 3 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
nach 182 n. Chr. (Abb. 207).
Abb. 207: Tafel Nr. 46 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Abb. 205: Tafel Nr. 44 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in der
Verfüllung eines hölzernen Brunnenbeckens, zusammen
mit Nr. 17, 18, 19, 20. Auf einer Breitseite unregelmässig und
einer Längsseite entlang der Jahrringe gebrochen. Oberfläche der Aussenseite (I.1) teilweise beschädigt. Innenseite
(I.2) mit erhöhtem Rand auf einer Längs- und Breitseite, auf
Längsseite teilweise abgetragen. Schriftfläche abgerieben
und beschädigt. Ohne Schriftspuren.
153
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
47
Inv.-Nr.: 2002.051.1709.1 / H1495 – Typ: A1. – Holzart: Fichte (Picea abies). – Masse: (20) x (80) x 3 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
1. Hälfte 2. Jh. n. Chr. (Abb. 208).
49
Inv.-Nr.: 2002.051.1924.1 / H1693 – Typ: A1. – Holzart: unbestimmt. – Masse: (59) x (134) x 4 mm. – Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch vor
182 n. Chr. (Abb. 210).
Abb. 208: Tafel Nr. 47 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in
römischer Kulturschicht. Auf einer Breitseite unregelmässig sowie auf beiden Längsseiten entlang der Jahrringe gebrochen, eine Längsseite zusätzlich mit halbkreisförmigem
Ausbruch. Oberfläche der Aussenseite (I.1) beschädigt.
Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand auf einer Breitseite.
Schriftfläche mit dunklen Verfärbungen durch ursprünglich
aufgetragenes Wachs. Ohne Schriftspuren.
48
Inv.-Nr.: 2002.051.1861.1 / H1694 – Typ: A1. – Holzart: Fichte (Picea abies). – Masse: (42) x 143 x 8 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch
Mitte 1. Jh. n. Chr. (Abb. 209).
Abb. 210: Tafel Nr. 49 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Zwei anpassende Fragmente einer einfachen Aussentafel, modern zusammengefügt, gefunden in der Verfüllschicht eines Drainagekanals, zusammen mit Nr. 24. Unten
entlang der Jahrringe, links unregelmässig gebrochen. Oberer Rand mit durchgehendem Schnurloch rechts. Oberfläche
der Aussenseite (I.1) mit starken Druck- und Kratzspuren.
Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand unten und rechts, unten stark abgetragen. Schriftfläche stark beschädigt. Ohne
Schriftspuren.
50
Abb. 209: Tafel Nr. 48 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in der
Verfüllschicht eines Drainagekanals, zusammen mit Nr. 7.
Unten entlang der Jahrringe gebrochen. Rechtsseitig in der
Mitte ein ca. 6 mm grosses, sekundäres Loch ausgebrochen. Oberer Rand mit Schnurkerbe mittig, durchgehendes
Schnurloch rechts, heute aufgefüllt. Oberfläche der Aussenseite (I.1) abgerieben und beschädigt. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand unten, rechts und links. Schriftfläche abgerieben und beschädigt, linksseitig mit Resten von schwarzem
Wachs. Ohne Schriftspuren.
154
Inv.-Nr.: 2004.045.2.1 / H33 – Typ: A1. – Holzart: unbestimmt. – Masse: (23) x (34) x 11 mm. – Fundort:
Zone 4, Regest-Nr. 69. – Zeit: archäologisch römisch.
(Abb. 211).
Abb. 211: Tafel Nr. 50 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in
römischer Kulturschicht. Eckstück, auf einer Längs- sowie
einer Breitseite gebrochen. Oberfläche der Aussenseite (I.1)
stark abgerieben. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand auf
einer Längs- sowie Breitseite. Schriftfeld stark abgerieben.
Ohne Schriftspuren.
51
Inv.-Nr.: 2004.045.5.1 / H14 – Typ: I1. – Holzart: unbestimmt. – Masse: (40) x (75) x 5 mm. – Fundort: Zone
4, Regest-Nr. 69. – Zeit: archäologisch römisch
(Abb. 212).
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
54
Inv.-Nr.: 2007.003.803.2 / H1349 – Typ: S1 (S3-6). –
Holzart: Weisstanne (Abies alba). – Masse: (33) x (62)
x 4 mm. – Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 36. – Zeit: archäologisch römisch (Abb. 215).
Abb. 212: Tafel Nr. 51 (II.3 und II.4), Massstab 1:2.
Fragment einer einfachen Innentafel, gefunden in römischer Kulturschicht. Eine Längs- sowie eine Breitseite
unregelmässig gebrochen. Übrige Längs- und Breitseite auf
erster (II.3) und zweiter (II.4) Tafelseite mit erhöhtem Rand.
Beide Schriftflächen stark beschädigt. Ohne Schriftspuren.
52
Inv.-Nr.: 2005.021.297.8 – Typ: A1. – Holzart: Fichte
(Picea abies). – Masse: (42) x (46) x 3 mm. – Fundort:
Zone 2, Regest-Nr. 35. – Zeit: archäologisch römisch.
(Abb. 213).
Abb. 215: Tafel Nr. 54 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Fragment einer Siegeltafel mit vertieftem Siegelstreifen, gefunden im Aushub römischer Kulturschichten (ohne
Kontext). Unten und oben entlang der Jahrringe, rechts und
links unregelmässig gebrochen. Schriftfläche der ersten
Seite (II.3) mit starken Druck- und Kratzbeschädigungen.
Zweite Seite (Siegelseite, II.4) mit fragmentarischem, vertieftem Siegelstreifen. Schriftfläche der zweiten Seite stark
beschädigt. Ohne Schriftspuren.
55
Inv.-Nr.: 2007.003.1547.1 / H1120 – Typ: S2. – Holzart: Weisstanne (Abies alba). – Masse: (62) x (79) x 4
mm. – Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 36. – Zeit: 2. Hälfte
1. Jh. n. Chr. (Abb. 216).
Abb. 213: Tafel Nr. 52 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden im
Aushub römischer Kulturschichten (ohne Kontext). Unten,
oben und auf einer Breitseite unregelmässig gebrochen.
Oberfläche der Aussenseite (I.1) stark verformt und eingerissen. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand auf einer Breitseite. Schriftfläche stark verformt und beschädigt. Ohne
Schriftspuren.
53
Inv.-Nr.: 2005.021.1018.1 / H352 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Masse: (10) x (104) x 6 mm.
– Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 35. – Zeit: archäologisch
1. Hälfte 1. Jh. n.Chr, um 32 n. Chr. (Abb. 214).
Abb. 216: Tafel Nr. 55 (II.3 und II.4), Massstab 1:2.
Abb. 214: Tafel Nr. 53 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden in
einer römischen Planieschicht. Unten, oben und auf einer
Breitseite unregelmässig gebrochen. Innenseite (I.2) mit erhöhtem Rand auf einer Breitseite. Ohne Schriftspuren.
Fragment einer Siegeltafel mit umrahmtem Siegelstreifen, gefunden in einer römischen Planieschicht. Eckstück, auf einer Längs- sowie Breitseite unregelmässig gebrochen. Erste Tafelseite (II.3) mit erhöhtem Rand auf einer
Längs- und einer Breitseite. Schriftfläche abgerieben und
beschädigt. Zweite Tafelseite (Siegelseite, II.4) mit erhöhtem
Rand auf einer Längs- und einer Breitseite. Siegelstreifen
fragmentarisch mit erhöhter Breitseite, Reste schwarzen
Wachses. Schriftfläche beschädigt. Ohne Schriftspuren.
155
8.4 Die Schreibtafeln von Eschenz
56
Inv.-Nr.: 2002.051.842.1 / H783 – Typ: A1. – Holzart:
Weisstanne (Abies alba). – Fundort: Zone 2, RegestNr. 33. – Zeit: archäologisch 2. Hälfte 1. Jh. n. Chr. –
zur Zeit nicht auffindbar.
Fragment einer einfachen Aussentafel, gefunden im
Abraum eines durch Feuer zerstörten Holzgebäudes, zusammen mit Nr. 21, 22, 43, 44.
Abb. 217: Tafel Nr. 58 (I.1 und I.2), Massstab 1:2.
57
Inv.-Nr.: 2002.051.2005.1 – Typ: I1. – Holzart: unbestimmt. – Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 33. – Zeit: archäologisch 2. Hälfte 1. Jh. n. Chr. – zur Zeit nicht auffindbar.
Fragment einer einfachen Innentafel, gefunden in einer römischen Planieschicht, zusammen mit Nr. 25.
*58 Inv.-Nr.: 2007.003.1641.1 / H1204 – Typ: A1. – Holzart: Erle (Alnus sp.). – Masse: (55) x (48) x 7 mm. –
Fundort: Zone 2, Regest-Nr. 36. – Zeit: archäologisch
1. Hälfte 1. Jh. n. Chr. (Abb. 217).
156
Fragment einer Holztafel, gefunden in einer römischen Planieschicht, zusammen mit Nr. 34. Unten und oben
entlang der Jahrringe, auf einer Breitseite unregelmässig
gebrochen. Oberfläche der Aussenseite (I.1) mit starken
Druckbeschädigungen. Innenseite (I.2) mit ausgebrochenem erhöhtem Rand auf einer Breitseite, Rand jedoch sehr
schmal. Schriftfläche mit Abplatzungen der Oberfläche.
Ohne Schriftspuren.
Aufgrund der Holzart und des eigenwilligen Äusseren ist eine Identifizierung des Fragments als tabula cerata
nicht zwingend gegeben.
11.3
11.3
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11.4 Abkürzungsverzeichnis
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ASA
Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde
CCCBM
Allen 1987–1995
CIL
Corpus Inscriptionum Latinarum (1899–),
Berlin
FIRA III
Arangio Ruiz 1943
HLS
Historisches Lexikon der Schweiz
Holder
Holder 1896–1907
IDR I
Russu 1975
JbAS
Jahrbuch Archäologie Schweiz
JbSGU
Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft
für Urgeschichte
JbSGUF
Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft
für Ur- und Frühgeschichte
OPEL
Lörincz und Redö 1994–2002
RIB
Collingwood und Wright 1965–
RIG IV
Colbert de Beaulieu und Fischer 1998
RISch
Walser 1979–1980
RMD
Roxan 1978–
Tab. Sulis
Tomlin 1988
Tab. Vindol. Bowman und Thomas 1983–2010
Tab. Vindon. Speidel 1996
TB
Thurgauer Beiträge zur vaterländischen Geschichte
TPSulp.
Camodeca 1999
TUB
Thurgauisches Urkundenbuch
TZ
Thurgauer Zeitung
Archive und Sammlungen
AATG
Amt für Archäologie des Kantons Thurgau:
Grösster Teil der Funde und Dokumentation
AGZ
Antiquarische Gesellschaft Zürich: Objekte
heute im Schweizerischen Nationalmuseum,
Archivalien im Staatsarchiv Zürich
AMSH
Allerheiligen Museum Schaffhausen: Funde
aus Stein am Rhein und Eschenz
EM
Eschenzer Museum: Funde aus dem vicus,
diverse Archivalien zum Teil im Besitz der
katholischen Kirchgemeinde
KASH
Kantonsarchäologie Schaffhausen: Bestände
aus Stein am Rhein
KE
Kloster Einsiedeln, Stiftsbibliothek und
Münzsammlung: Archivalien und Münzen(?), auf der Insel Werd auch Funde; Nachlass Netzhammer
MKWI
Münzkabinett Winterthur: ehemals historische Sammlung, Funde von der Insel Werd
RM
Museum Rorschach: Funde von der Insel
Werd, Grabungen 1931–1934
RMKN
Rosgarten Museum Konstanz: Funde
SGHM
Historisches Museum St. Gallen: Funde von
der Insel Werd.
SLM
Schweizerisches Nationalmuseum Zürich/
Affoltern a.A.: Archivalien und Funde
(Münzkabinett und Sammlung!)
246
11.4 Abkürzungsverzeichnis
STAKN
STASH
STATG
STAZH
STETH
STRH
STRHM
ZBZH
Stadtarchiv Konstanz: Archivalien
Stadtarchiv Schaffhausen: Archivalien
Staatsarchiv Thurgau: Archivalien
Staatsarchiv Zürich: Archiv der antiquarischen Gesellschaft Zürich; Unterlagen zu
Stein am Rhein bis 1803
Steckborn, Turmhof, Museum der Heimatvereinigung am Untersee: Funde
Stadtarchiv Stein am Rhein: Akten, Pläne
aus dem 18. Jahrhundert, Münzschatz 1918
Stein am Rhein, ehemals Museum St. Georgen: Funde aus Stein am Rhein und Eschenz
Zentralbibliothek Zürich: Berichte,
Archivalien
Länder und Kantone
D
Deutschland
F
Frankreich
SH
Kanton Schaffhausen
TG
Kanton Thurgau
Allgemeine Abkürzungen
AD
Anno Domini
BC
before Christ
BP
before present
BS
Bodenscherbe
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
°C
Grad Celsius
C14
Kohlenstoffisotop 14
ca.
circa
cal
kalibriert
cm
Zentimeter
Quadratzentimeter
cm 2
Drag.
Dragendorff, Terra Sigillata-Typ
DNA/aDNA Deoxyribonucleic acid/alte DNA
E
Osten
ev.
FK
g
Hrsg.
Inv.-Nr.
IPNA
Jh./Jhs.
Jt./Jts.
km
LK
m
m2
Mio.
mm
m ü. M.
N
NN
n. Chr.
NN
Nr.
OK
Parz.
RS
S
sp.
Stk.
u.a.
UK
usw.
v. Chr.
vgl.
W
WS
z.B.
eventuell
Fundkomplex
Gramm
Herausgeber
Inventarnummer
Institut für Prähistorische und Naturwissenschaftliche Archäologie der Universität Basel
Jahrhundert/Jahrhunderts
Jahrtausend/Jahrtausends
Kilometer
Landeskoordinate
Meter
Quadratmeter
Million
Millimeter
Meter über Meer
Norden
Normalnull
nach Christus
Normal Null
Nummer
Oberkante
Parzelle
Randscherbe
Süden
species (Art); wenn hinter einem Gattungsnamen stehend, dann ist die Art nicht
bestimmbar
Stück
unter anderem
Unterkante
und so weiter
vor Christus
vergleiche
Westen
Wandscherbe
zum Beispiel
247